The Damaged Planet

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The Damaged Planet – Solidarität mit unserem verletzten Planeten: Veranstaltungsreihe und Symposium im WS 2021/22 und SoSe 2022

The Damaged Planet  – Solidarität mit unserem verletzten Planeten: Exkursion, Symposium, Workshop, Performance im SoSe 2022


Die im Wintersemester begonnene Veranstaltungsreihe geht im Sommersemester 2022 weiter: Mit dem zentralen Symposium "The Damaged Planet" am 6. und 7. Mai mit internationalen Gästen, mit einer Exkursion mit Michael Zobel – Wald statt Kohle: Waldspaziergang im und am Hambacher Wald (28. April) und im Juni mit dem zweitägigen Workshop "Zukunft des Lebens" und der Performance "Mutante: Requiem für einen Wald" am letzten Abend.

Übersicht über alle Veranstaltungen


Waldspaziergang im und am Hambacher Wald

Donnerstag, 28. April 2022, 13.30 Uhr,


mit internationalen Gästen in der Aula der KHM und online über YouTube

Freitag und Samstag, 6. und 7. Mai 2022


Handlungsmöglichkeiten in der Klimakrise werden weltweit diskutiert: Viele politische Prozesse sind angestoßen, die EU arbeitet an einem Green Deal, einige Staaten haben mit dem Umbau zu einer CO2-neutralen Energieversorgung begonnen. Trotzdem wird das für die global-ökologische Transformation vorhandene knappe Zeitfenster nicht beachtet; Artenschutz als zweite fundamentale Säule für das Überleben wird weiterhin ausgeblendet. Gerechtigkeitsfragen entstehen: Wie kann die anstehende Transformation untere und mittlere Einkommen nicht überproportional belasten? Was ist ein fairer Ausgleich für die schon entstandenen Schäden in den Ländern des Globalen Südens? Was fehlt, ist die Bereitschaft, Wirtschaft und Gesellschaft radikal neu zu denken. Gleichzeitig findet allerorts ein überdimensionales politisches wie privatwirtschaftliches Green-Washing statt. Diesen Herausforderungen möchten wir auf unserer Tagung mit radikalen Denkansätzen und konkretem Handeln begegnen.


Mit Beiträgen von: Leonie Bremer, Alenda Y. Chang, Peter Emorinken-Donatus, Thom van Dooren, Fabiana Fragale, Beate Gütschow, Carmen Hornbostel, Kilian Kuhlendahl, Jens Mühlhoff, Milo Rau, Doris Schweitzer, Nicole Seymour, Esteban Servat, Agnes Stillger, Louise Wagner, Markus Wissen.


Freitag,  6 . Mai 2022, Aula

12:00 – 12:30 Uhr, Einführung
12:30 – 13:45 Uhr, Carmen Hornbostel / Milo Rau
(NT Gent) – Ein Theater der Nachhaltigkeit? Produktion, Distribution, Theorie, Politik
14:00 – 15:00 Uhr, Fabiana Fragale, Jens Mühlhoff und Kilian Kuhlendahl (Kunsthochschule für Medien Köln) – Ein Kampf mit Körpern und Bildern
PAUSE
15:30 – 16:30 Uhr, Leonie Bremer, Peter Emorinken-Donatus, Esteban Servat und Louise Wagner – Podiumsdiskussion mit Aktivist*innen von Fridays for Future, Bündnis Ökozidgesetz, Shell Must Fall, Ende Gelände
16:45 – 18:00 Uhr, Doris Schweitzer (Goethe-Universität Frankfurt) – „Rechte der Natur“ als kritische Intervention?
PAUSE
18:30 – 19:45 Uhr, Markus Wissen (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin) – Imperiale und solidarische Lebensweise


Samstag, 7. Mai 2022, Aula

10:30 – 11:45 Uhr, Agnes Stillger (Universität zu Köln) –
Für den Erhalt des Gleichgewichts alles Lebendigen.
Ökologie-kritische Kunstpraktiken in Afrika

12:00 – 13:15 Uhr, Thom van Dooren (University of Sydney) – Stories from the Snail Ark: Hope in a Time of Loss
PAUSE
14:30 – 15:45 Uhr, Beate Gütschow (Kunsthochschule für Medien Köln) – Bericht aus dem Forschungsfreisemester
16:00 – 17:15 Uhr, Alenda Y. Chang (University of California, Santa Barbara) – Cloudy with a Chance of Play
PAUSE
17:30 – 18:45 Uhr, Nicole Seymour (California State University, Fullerton) –  Climate Change and the Limits of Satire
19:00 Uhr, Abschlussdiskussion


Organisator*innen: Pascal Dreier, Beate Gütschow, Thomas Hawranke, Ute Hörner, Fatima Kastner, Isabell Lorey und Kathrin Röggla.



Das weitere Programm im SoSe 2022


Mit Christoper Coenen, Maurici Corte, Nils Emmerichs, Fabiana Fragale, Mathias Kramm, Kilian Kuhlendahl, Jens Mühlhoff, Frank Raddatz, Kathrin Röggla, Somidh Saha, Nick Schader, Tanja Seiner, Holger Sticht, Susanne Winter, Urszula Zajaczkowska.

Mittwoch und Donnerstag, 22. und 23. Juni 2022, 10:00-17:00 Uhr, Aula der KHM

Anmeldung für den Workshop (bis 40 Teilnehmer*)


  • Kölner Mutante: Requiem für einen Wald

Performance mit Künstler*innen und beteiligten Akteur*innen des Workshops. Die Aufführung in der Aula ist für alle Besucher offen.

Donnerstag, 23. Juni 2022, 20:00 Uhr, Aula der KHM



Zu den internationalen Gästen des Symposiums

In der Reihenfolge ihres Auftritts


Carmen Hornbostel / Milo Rau

Ein Theater der Nachhaltigkeit? Produktion, Distribution, Theorie, Politik

Am NTGent, dem Genter Stadttheater, arbeiten wir auf verschiedenen Ebenen mit dem Thema der Nachhaltigkeit. Strukturell im Rahmen des Green Books und des europäischen Netzwerks Stages. Wie kann Theater nachhaltig produziert, präsentiert und distribuiert (z. B. getourt) werden? Mit A play for the living in a time of extinction und Grief & Beauty versuch(t)en wir, dies im Rahmen konkreter Produktionen auszuloten – so detailliert und konsequent wie möglich. In anderen Formaten (etwa der School of Resistance) gehen wir den gleichen Fragen intellektuell und aktivistisch mit einer globalen Perspektive auf den Grund. Diese konkreten Strategien und strukturellen Ergebnisse stellen wir im Rahmen des Gesprächs vor.


Carmen Hornbostel studierte Psychologie. Seit 2017 ist sie Dramaturgin am IIPM  – International Institute of Political Murder und seit 2018 am NTGent. Sie arbeitet unter anderem mit Milo Rau, Angélica Liddell, Luanda Casella oder Thom Luz und ist Mitherausgeberin des Buches „Why Theatre?“, das Antworten von 106 internationalen Künstler*innen umfasst. Mit „Grief & Beauty“ (2021) erprobte sie das „Theatre Green Book“ und leitet am NTGent das EU-Projekt „STAGES“, indem gemeinsam mit 9 Partnertheatern in Europa eine nachhaltige Produktions- und Touringpraxis entwickelt wird.


Milo Rau ist seit 2007 künstlerischer Leiter des IIPM und seit 2017 auch Leiter des belgischen Theaters NTGent. Kritiker*innen bezeichnen ihn als den "einflussreichsten" (DIE ZEIT) und "ambitioniertesten" (The Guardian) Künstler unserer Zeit. Seit 2002 hat er über 50 Theaterstücke, Filme, Bücher und Aktionen veröffentlicht, die auf allen großen internationalen Festivals gezeigt wurden. Zu seinen Projekten, die sich in den letzten Jahren mit nachhaltigen „Mikro-Ökologien" auseinandergesetzt haben, gehören Orestes in Mosul / A Filmschool for Mosul (2018-2022) und Das Neue Evangelium (2019-2022).


Fabiana Fragale, Kilian Kuhlendahl, Jens Mühlhoff

Ein Kampf mit Körpern und Bildern

2018 traf das Versagen der Klimapolitik im Hambacher Forst auf Aktivist*innen, die sich in Baumhäusern verschanzten. Steffen Meyn drehte im Hambacher Wald, weil er festhalten wollte, was dort einst gewesen sein würde. Über seine künstlerische Praxis ist auch Steffen zum Aktivisten geworden. Seine Kamera wurde inmitten der Räumung des Waldes zu einem mächtigen Instrument: Sie machte den Protest aus dem abgeriegelten Wald überhaupt erst sichtbar und wirkte zugleich deeskalierend. Bei seinen Dreharbeiten verunglückte unser Freund Steffen tödlich. Uns hat er sein sensibles Filmmaterial hinterlassen. Nun arbeiten wir an einem Dokumentarfilm, der die Gratwanderung schafft zwischen politischen Interessen und persönlicher Verantwortung.


Fabiana Fragale wurde 1994 in Zürich geboren. Seit 2015 studiert sie an der Kunsthochschule für Medien Köln. Ihre filmischen Arbeiten beschäftigen sich mit antikapitalistischen und intersektional-feministischen Themen. 2018 gründete sie das Kunstkollektiv Polsprung.


Jens Mühlhoff, geboren 1991 in Wuppertal, studierte an der Kunsthochschule für Medien Köln. Seine Werke untersuchen die alltägliche Realisierung von Politik im öffentlichen Raum. Er arbeitet bei verschiedenen Filmproduktionen und als Projektleiter für freie Kunstproduktionen.


Kilian Kuhlendahl, geboren 1993, studierte an der Kunsthochschule für Medien Köln. Seitdem arbeitet er als freier Autor in verschiedenen erzählerischen Formen und veranstaltet Literaturabende. Seit 2018 ist er außerdem Mitglied des Kollektivs Polsprung.


Leonie Bremer, Peter Emorinken-Donatus, Esteban Servat und Louise Wagner

Podiumsdiskussion mit Aktivist*innen von Fridays for Future, Bündnis Ökozidgesetz, Shell Must Fall und Ende Gelände

Die Aktivist*innen Leonie Bremer (Fridays for Future), Peter Emorenken-Donatus (Bündnis Oekozid Gesetz), Esteban Servat (Shell Must Fall) und Louise Wagner (Ende Gelände) berichten von ihren Aktionen.


Leonie Bremer: Ich bin hauptsächlich Klimaaktivistin bei Fridays for Future Deutschland und International und studiere im Master Erneuerbare Energien an der TH Köln. Bei Fridays for Future befasse ich mich vor allem mit MAPA (Most Affected People and Areas).

Tätigkeiten für Fridays for Future Deutschland: Organisation der ersten deutschlandweiten Dauerstreikwoche / politische Strategie bundesweiter Aktionen / Pressearbeit und Pressetraining / Kampagnenmanagement bundesweit (seit 2018).

Tätigkeiten für Fridays for Future International: Verbindung Globaler Norden mit MAPA / Organisation der #CleanUpStandardCharteredCampaign / Pressearbeit / Finanzen / Betreuung des Inhalts der internationalen Fridays for Future-Website.


Peter Emorinken-Donatus: 55 Jahre alt, geboren in Nigeria, lebt seit über 30 Jahren in Deutschland, freier Journalist, Bildungsreferent, Aktivist (Menschrechte, Klima- / Umweltgerechtigkeit, koloniales Erbe und Restitution, u.a.), langjähriger Gegner des Shell-Konzerns, Mitinitiator und Ex-Vorstandvorsitzender der Bewegung „Pay Day Africa", Mitglied des Netzwerks „African / Black Community“ (ABC) sowie des „Komitees für ein afrikanisches Denkmal in Berlin“ (KADiB). KADiB setzt sich seit Jahrzehnten für die Errichtung eines zentralen Denkmals als Erinnerungs- und Lernort zum Kolonialismus und Neokolonialismus ein. Zudem ist er auch Mitbegründer und Sprecher der Bewegung „Bündnis Ökozidgesetz“, die sich mit dem Ziel der Kriminalisierung des Ökozids (schwerste Umweltverbrechen) gegründet hat. Weitere Themenschwerpunkte: „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg" und „Dekolonisierung“.


Esteban Servat: I have fully dedicated the latest years of my life to translating research into action to fight
corporate power, building grassroots resistance against climate criminals both in the Global
South and North.
• Movement building: Built an anti-fracking movement with tens of thousands of people in Argentina after leaking a secret government report revealing contamination. Exposed government
& corporate corruption, threatening billion-euro fossil fuel interests on world´s second-largest shale gas basin. Became target of intense persecution and threats, leading to exile.
• Drive to tackle corporations: Researching & making presentations exposing the central role of corporations in the climate crisis, for European climate movements to focus attention and resources toward tackling multinationals.
• Anti-corporate internationalism: organized campaigns and protests against multinational climate criminals & built Global South-North grassroots coalition with 20+ countries, connecting the dots of gas extraction & consumption.


Louise Wagner: Institutionell gelernt habe ich Ethnologie und Soziologie, mit einer Schwerpunktsetzung auf die Entstehung sozio-ökologischer Ungleichheiten aus einer kapitalismuskritischen Perspektive. Meine Abschlussarbeit sowie mehrere Vorträge handelten über das Thema Geoengineering und die Frage, ob es ein Geoengineering von links geben kann. Derzeit nehme ich zuhörend gestaltend an mehreren Gruppenprozessen innerhalb der Klimagerechtigkeitsbewegung auf nationaler und internationaler Ebene Teil. Ich hoffe dadurch einen Beitrag leisten zu können, Dinge und Diskurse vom Kopf auf die Füße zu stellen, und Verbindungen zwischen Menschen, Gruppen und Wissensformen herzustellen, die die Bewegungen und ihre Menschen stärken und wachsen lassen. Lernen und verlernen sind dabei zwei gleichgewichtige Prozesselemente.

Doris Schweitzer

„Rechte der Natur“ als kritische Intervention?

In den Debatten und politischen Kämpfen um die „Rechte der Natur“ lassen sich auf Seiten der Befürworter*innen drei zentrale Argumente identifizieren: die Ermächtigung lokaler Gemeinschaften, die Dezentralisierung des Menschen im Recht sowie die Etablierung eines antikapitalistischen Gegenrechts. Mit Blick auf die philosophischen Arbeiten von Michel Serres zum Naturvertrag sollen diese drei Argumente kritisch hinterfragt werden. Dadurch soll ausgelotet werden, wie man sich einem Verständnis der „Rechte der Natur“ als kritische Intervention nähern kann.


Doris Schweitzer studierte Soziologie und Rechtswissenschaften bevor sie mit der Arbeit Topologien der Kritik. Kritische Raumkonzeptionen bei Gilles Deleuze und Michel Serres promoviert und mit der Arbeit Juridische Soziologien. Recht und Gesellschaft von 1814 bis in die 1920er Jahre habilitiert wurde. Seit Oktober 2021 ist Doris Schweitzer Inhaberin der Professur für Soziologie mit dem Schwerpunkt Soziologische Theorie und Theoriegeschichte an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören: Sozial- und Gesellschaftstheorie, Epistemologie und Genealogie soziologischer Gesellschaftsanalysen sowie Materialismen (neue und ältere) und Rechtssoziologie. Aktuell forscht sie zu Fragen der rechtlichen Neuordnung der Dinge und dem Recht des Anthropozän.


Markus Wissen

Imperiale und solidarische Lebensweise

Der Grundgedanke des Konzepts der imperialen Lebensweise ist, dass nicht-nachhaltige Produktions- und Konsummuster auch deshalb so stabil sind, weil es gelingt, ihre sozial-ökologischen Kosten in Zeit und Raum zu externalisieren. Die Zuspitzung der ökologischen Krise zeigt jedoch, dass diese Möglichkeit immer weniger gegeben ist. Ressourcenkonflikte nehmen zu, Katastrophenereignisse häufen sich auch im globalen Norden. Die Krise der imperialen Lebensweise wird mit Strategien der ökologischen Modernisierung zu bearbeiten versucht. Auch autoritäre Ansätze, die ein überkommenes Wohlstandsmodell für einige wenige exklusiv zu sichern versuchen, erstarken. Daneben und dagegen gibt es jedoch Initiativen, die für andere gesellschaftliche Naturverhältnisse und den Abbau von sozialer Herrschaft, kurz: für eine solidarische Lebensweise, kämpfen. Der Vortrag beleuchtet diese widersprüchlichen Entwicklungen und erörtert die Chancen emanzipativer Ansätze in der gegenwärtigen Krise.


Markus Wissen, Dr. phil., ist Professor für Gesellschaftswissenschaften an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und Fellow am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Er lehrt und forscht zu gesellschaftlichen Naturverhältnissen, imperialer Lebensweise und sozial-ökologischer Transformation. In der Rosa-Luxemburg-Stiftung engagiert er sich als Sprecher des Graduiertenkollegs Krise und sozial-ökologische Transformation sowie als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats und des Gesprächskreises Zukunft Auto, Umwelt, Mobilität. Zudem ist er Redakteur der PROKLA. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft. 2017 hat er zusammen mit Ulrich Brand das Buch Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus im Münchener Oekom-Verlag veröffentlicht.


Agnes Stillger

Für den Erhalt des Gleichgewichts alles Lebendigen. Ökologie-kritische Kunstpraktiken in Afrika

Die Verbindung von Wissenschaft, Macht und Maschinerie des europäischen Kolonialismus zielte darauf ab, weltweit 'billige' Naturen (J.W. Moore) zu entdecken und anzueignen, begleitet von neuen Formen die Welt zu kartographieren und zu quantifizieren. Die gewaltsame Unterwerfung der Erde im racial Kapitalozän zugunsten des Globalen Nordens (F. Vergès) geht aus einem von Dichotomien geprägten westlichen Denken hervor, für das alles Außer-Menschliche objektifizierbar ist. Bereits Frantz Fanon forderte in The Wretched of the Earth einen dekolonialen Naturbegriff. Kunstpraktiken in Afrika setzen wichtige Impulse für ein öko-kritisches Umdenken, unter anderem durch die Wiederentdeckung von Kosmologien, Traditionen und Sprachen, die alle Lebewesen und die materielle Welt als Teil eines Systems von lebenserhaltenden Beziehungen verstehen.


Agnes Stillger studierte Kunstgeschichte in München mit einem Schwerpunkt der zeitgenössischen Kunst Afrikas. Seit 2021 ist sie Doktorandin am Graduiertenkolleg „anschließen – ausschließen“ - Kulturelle Praktiken jenseits globaler Vernetzung an der Universität zu Köln. Sie war an diversen  kuratorischen Projekten zu transkontinentalen Austauschprozessen beteiligt u.a. Flow of Forms / Forms of Flow. Designgeschichten zwischen Afrika und Europa und Seeds For Future Memories. Voicing the two ends of migration. In Florenz veranstaltete sie 2019 das Symposium Transverse Trajectories. Speculative routes out of ruinous landscapes. Aktuell entwickelt sie gemeinsam mit Künstler*innen aus Dakar und Berlin das Projekt Dry Ocean, das sich mit pluriversem Wissen  befasst.


Thom van Dooren

Stories from the Snail Ark: Hope in a Time of Loss (Vortrag auf Englisch)

Die Hawaii-Inseln waren einmal die Heimat einer der vielfältigsten Ansammlungen von Landschnecken der Welt, mit über 750 verschiedenen Arten. Die meisten dieser Arten sind heute ausgestorben, und die meisten der noch verbleibenden sind ebenfalls vom Aussterben bedroht. Dieser Vortrag befasst sich mit den Bemühungen von Naturschützer*innen, diese vom Aussterben bedrohten Arten zu erhalten, indem sie sie in eine streng kontrollierte Umgebung in Gefangenschaft überführen. Da wir uns immer tiefer in das sechste Massenaussterben auf unserem Planeten hineinbewegen, werden diese Art von Auffangbemühungen für ein breites Spektrum von Tieren und Pflanzen immer häufiger. In diesem Zusammenhang wird dieser Vortrag die Praktiken der Sorge untersuchen, die diese Orte beleben und darauf abzielen, Arten am Rande des Aussterbens ein wenig länger zu halten, und fragen: Welche neuen Formen der Hoffnung und der Trauer sind erforderlich, um diese Zeit des Verlustes verantwortungsvoll zu begehen?


Thom van Dooren ist stellvertretender Leiter des Sydney Environment Institute, Associate Professor an der School of Philosophical and Historical Inquiry der Universität in Sydney, sowie Professor II an der Oslo School of Environmental Humanities der Universität Oslo. Seine Forschungen und Schriften konzentrieren sich auf einige der vielen philosophischen, ethischen, kulturellen und politischen Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem Artensterben und den menschlichen Verstrickungen mit bedrohten Arten und Orten stellen. Er ist der Autor von Flight Ways: Life and Loss at the Edge of Extinction (Columbia UP 2014), The Wake of Crows: Living and Dying in Shared Worlds (Columbia UP 2019) und dem in Kürze erscheinenden Buch A World in a Shell: Snail Stories for a Time of Extinctions (MIT 2022). www.thomvandooren.org


Beate Gütschow

Bericht aus dem Forschungsfreisemester

Die an der KHM lehrende Künstlerin wird aus ihrem Forschungsfreisemester berichten. Beate Gütschow beschäftigt sich mit unterschiedlichsten Aspekten der Klimakrise: Sie dokumentiert Schäden, fotografiert Greenwashing, die industriellen Verursacher*innen und Klimaproteste. Aus diesem Material baut Beate Gütschow fotografische Montagen und Kollagen, sie entwickelt Text-Bildkombinationen und dokumentarische Bildserien. Bestehende Bilder der Klimakrise werden modifiziert und kommentiert, um sie einer neuen Sichtbarkeit zuzuführen.


Alenda Y. Chang

Cloudy with a Chance of Play (Vortrag auf Englisch)

Die Zukunft der Spiele ist ungewiss. Das Spielen im einundzwanzigsten Jahrhundert wird von vielen Faktoren abhängen, auf die wir keinen Einfluss haben – von den Außentemperaturen bis hin zu den Lieferketten für elektronische Geräte und Komponenten. Die gängige Meinung über Computerspiele lautet jedoch in etwa so: Spiele gewähren den Spieler*innen eine begrenzte Handlungsfähigkeit in einer begrenzten Situation; Spielen ist folgenlos, fast prophylaktisch, eine Möglichkeit, mit Identitäten und Szenarien zu experimentieren, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Wie könnte uns also das Nachdenken über die klimabedingte Zukunft durch Spiele an die Verletzlichkeit und das Risiko erinnern, die auch im Mittelpunkt der Spielerfahrung stehen? Und wie können wir in einer Zeit, in der von Jugendlichen angeführte Umweltbewegungen die Aufmerksamkeit auf die Trägheit der Erwachsenen und ihrer Führungsgremien lenken, indem sie oft auf das vorzeitige Ende ihrer Kindheit verweisen, dafür plädieren, dass Spiele immer noch ein relevanter Diskurs für das Anthropozän sind und nicht nur drohen, zu seinen Relikten zu verkommen?


Alenda Y. Chang ist außerordentliche Professorin für Film- und Medienwissenschaften an der University of California, Santa Barbara. Changs Arbeiten sind in zahlreichen Fachzeitschriften erschienen, darunter Interdisciplinary Studies in Literature and Environment, Qui Parle, electronic book review, Feminist Media Histories und Resilience. Ihr 2019 erschienenes Buch Playing Nature: Ecology in Video Games (University of Minnesota Press) entwickelt einen umweltorientierten Rahmen für das Verständnis und die Gestaltung digitaler Spiele. An der UCSB ist Chang Co-Direktorin von Wireframe, einem Studio, das kollaborative theoretische und kreative Medienpraxis mit Investitionen in globale soziale und ökologische Gerechtigkeit fördert. Außerdem ist sie Mitbegründerin und Mitherausgeberin der Open-Access-Zeitschrift Media+Environment der UC Press.


Nicole Seymour

Climate Change and the Limits of Satire (Vortrag auf Englisch)

In diesem Vortrag wird Nicole Seymour auf ihren bisherigen Forschungen zu Humor und nordamerikanischem Umweltschutz aufbauen, um zu erörtern, was viele Kommentatoren als aktuelle Krise der Komödie bezeichnet haben. Wie die Kritikerin Alison Herman argumentiert, befindet sich die US-Satire in einer Sackgasse, weil es „schwer" ist, sich etwas einfallen zu lassen, das lustiger, seltsamer oder schockierender ist als das, was bereits in unseren (Nachrichten)-Kanälen läuft". Doch wie Seymour und ihr Kollege Anthony Lioi kürzlich herausgefunden haben, könnten die Bedenken über diesen "Wettkampf um die Steigerung des Erhöhten" übertrieben oder zumindest unangebracht sein. Als Fallstudie betrachtet Seymour die afroamerikanische Komikerin Sarah Cooper, die mit TikTok-Videos, in denen sie Donald Trumps Reden zum Klimawandel und zu anderen Themen lippensynchronisiert, viral ging. Seymour stellt fest, dass Coopers Lippensynchronisation eine innovative satirische Technik darstellt: Anstatt eine politische Realität zu übertreiben, verkörpert sie sie neu und entfremdet damit die Zuschauer*innen von ihr - sowohl aus Gründen der Erleichterung als auch der Kritik. Seymour erkennt in Coopers Werk auch eine Hommage an die Geschichte der afroamerikanischen Satire, die dazu diente, „die eigene Klugheit, das eigene Gefühl und schließlich die eigene Menschlichkeit im Angesicht ihrer ständigen Leugnung zu demonstrieren" (Danielle Fuentes Morgan). Seymour kommt zu dem Schluss, dass die Satire im Zeitalter der Klimakrise immer noch eine wichtige, wenn auch begrenzte Rolle spielt.


Nicole Seymour ist Wissenschaftlerin im Bereich der Environmental Humanities, mit Schwerpunkten auf zeitgenössischer nordamerikanischer Literatur, Film und Kultur. Sie erforscht alternative Traditionen des Umweltaktivismus und des Affekts. Ihre jüngste Monografie Bad Environmentalism: Irony and Irreverence in the Ecological Age (University of Minnesota Press, 2018) zeigt, wie Kulturschaffende Modi wie Drag und Camp einsetzen, um Umweltprobleme zu thematisieren und dabei die „Weltuntergangsmüdigkeit" und andere stagnierende Emotionen zu umgehen. Im Mai 2022 wird in der Reihe Object Lessons von Bloomsbury ihre Umwelt- und Kulturgeschichte des Glitzers veröffentlicht. Seymour war Stipendiatin am Institute for Advanced Studies in the Humanities an der Universität Edinburgh und am Rachel Carson Center for Environment and Society in München. Derzeit ist sie außerordentliche Professorin für Englisch an der California State University, Fullerton.

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