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Vorgestellt – Dr. Oliver Herrmann

Foto: Trekel / KHM

Der kommissarische Kanzler und Staatsbeauftragte der KHM im Interview.

26. Juni 2023

Herr Herrmann, Sie sind seit Mitte März kommissarischer Kanzler und Staatsbeauftragter an der KHM: Was ist ein Staatsbeauftragter und warum hat die KHM plötzlich einen?

Ein Staatsbeauftragter wird ohne Wahlverfahren oder Ausschreibung von einem Ministerium, in diesem Fall das zuständige Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, eingesetzt. Das passiert immer dann, wenn eine Einrichtung, in diesem Fall die KHM, den dringenden Bedarf hat, eine Leitungsstelle sehr schnell zu besetzen. An der KHM war die Kanzlerstelle seit über einem halben Jahr vakant. Ein neues Ausschreibungsverfahren dauert viel zu lange, um die damit verbundenen Probleme, Lücken und personellen Überlastungen schnell zu lösen.


Was hatten Sie erwartet, was hat Sie an der KHM überrascht?

Ich bin schon seit über 15 Jahren an Universitäten oder Fachhochschulen in Leitungspositionen tätig. Ich war aber noch nie Teil der Hochschulleitung einer Kunsthochschule, das war und ist für mich sehr neu und anders. Ich erlebe intensiv, dass eine Kunsthochschule ganz anders organisiert und strukturiert ist als eine Universität oder Fachhochschule. Als weitere Herausforderung stellte sich für mich sofort, dass viele Stellen in der Verwaltung unbesetzt waren und sind, weil sie lange Zeit nicht ausgeschrieben wurden, z. B. Personalleitung, Bibliotheksleitung, IT, Technikstellen und viele mehr.


Worin besteht, abgesehen von diesem letzten Punkt, Ihr weiterer Auftrag?

Mein Auftrag bezieht sich auf alle Rechte und Pflichten, die ein Kanzler hat. Ich nenne drei Kernaufgaben: Beauftragter der Finanzen, also des Haushaltes, Leiter der gesamten Verwaltung und Mitglied des Rektorats. Bedeutet: Als Kanzler habe ich alle strategischen Entscheidungen zu begleiten, an ihnen teilzuhaben und sie auch voranzutreiben. Im Fall der KHM schließt das ein – weil das im Hochschulvertrag vereinbart wurde – einen Hochschulentwicklungsplan zu entwickeln und umzusetzen. Den gibt es im Moment noch nicht und den müssen wir erarbeiten. Das ist eine große Aufgabe der Hochschule und damit des Rektorats.


Und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Rektorat, wenn man als Staatsbeauftragter plötzlich für alle Beteiligten „vom Himmel“ gefallen ist?

Ich wurde sehr freundlich und respektvoll aufgenommen, was nicht unbedingt zu erwarten ist. Zum einem, weil ich von heute auf morgen ohne große Vorankündigung diesen Job angetreten habe, zum zweiten, weil ich sehr gut verstehen kann, dass alle in so einer Situation erstmal vorsichtig und abwartend sind. Um so erfreulicher ist, dass wir vier vom Rektorat zu einem guten Team zusammenwachsen, und das auch sein möchten.


Was erfahren Sie von der Studierenden bzw. wie erfahren Sie die Studierenden der KHM?

Ich versuche, möglichst mit vielen Studierenden in Kontakt zu kommen. Und ich habe mich natürlich mit den Vertreter*innen des AStA und StuPa getroffen. Mir ist bewusst, dass die Interessen wie auch das Studieren an der KHM anders sind als einer Uni oder FH. Wir haben nur einen Studiengang und ein Diplom, das ändert schon viele Voraussetzungen und Umsetzungen. Und es handelt sich um ein Projektstudium, alles Alleinstellungsmerkmale, die zu anderen Formen von Kontakt, Kommunikation und Bedingungen führen.

Hinzukommt eine Vielfalt und Diversität im täglich Gelebtem, in der Sprache, in den künstlerischen Schwerpunkten. Große Nähe bzw. vielleicht auch Enge gehören sehr zum Projektstudium, in der direkten Begleitung durch Lehrende, in der Beziehung von Studierenden untereinander, da sie sich oft helfen, unterstützen oder auch in verschiedenen Punkten und Funktionen an einem Projekt arbeiten. Und wir haben eine Verwaltung, die das sehr konkret, zum Teil live, zum Teil sehr detailliert begleiten und unterstützen soll und kann. Das gibt es an Unis und FHs so gar nicht.


Sie sind promovierter Jurist, was haben Sie vor der KHM gemacht?

Ich komme aus dem Hochschul- und Wissenschaftsmanagement. Ich habe angefangen an der Uni Bielefeld als Justiziar und stellvertretender Personaldezernent, dann war ich Personalchef in Paderborn, danach Kanzler an der Uni Kiel. Ich bin aus familiären Gründen wieder in die Detmolder Heimat zurück, war dann Präsident an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Seit gut sieben Jahren übernehme ich immer wieder eine vergleichbare Aufgabe wie hier an der KHM, so war ich z. B. als kommissarischer Kanzler an der Hochschule Rhein-Waal oder wurde als Geschäftsführer bei der Stiftung für Hochschulzulassung in Dortmund eingesetzt.


Wollten Sie schon immer als Jurist an eine Hochschule?

Ja, und lustigerweise war meine letzte Praxisstation in der Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswirt an der Musikhochschule Detmold, das hat mich geprägt! Ich dachte damals, vielleicht noch etwas naiv, so eine Hochschule möchte ich mal leiten. Die letzten Jahre lag der Fokus – wie erwähnt – mehr auf Beratung von Leitungen und Hochschulen, oder auch als Staatbeauftragter tätig zu sein.


Wie sehen Sie die Zukunft von deutschen Hochschulen, insbesondere auch der Kunst- und Musikhochschulen?

Es ist viel passiert, z. B. gerade was Berufungsverfahren von Professor*innen angeht. Früher war klar, das zuständige Ministerium beruft die Professor*innen, heute sind die Unis und Fachhochschulen hier autonom und machen das mit dem Rektor selbst. Und sie sind selbständige Körperschaften, haben einen Globalhaushalt, brauchen keine Stellenpläne, haben Universitätsangestellte und nicht Landesbedienstete. Dieser wichtige Schritt fehlt den Kunst- und Musikhochschulen. Er wird leider politisch nicht so diskutiert wie man das diskutieren könnte, oft mit dem Argument, diese Hochschulen seien zu klein und überfordert.

Ich sehe das anders: Mehr Autonomie müsste auch hier das Ziel sein – sehe das auch so im weiteren Bildungswesen wie im Schulsystem. Auch hier sollte Selbstständigkeit, z. B. bei Entscheidungen, welche*n Lehrer*in stellt meine Schule ein, was will ich ausbauen, deutlich gefördert werden.


Die KHM zieht im Januar 2024 in ein neues Hauptgebäude, unterhalb der Handwerkskammer zu Köln (HWK) in den Heumarkt 14. Sie sind als Staatsbeauftragter auch in diesen Umzugsprozess hineingeraten. Was bedeutet das für Sie?

Der Umzug war bestimmt auch ein Grund mich als Staatsbeauftragten einzusetzen, weil ich solche Erfahrungen aus Kiel mitbringe, dort war mein Spitzname der „Baukanzler“. Wie auch immer, der Umzug beschäftigt mich jeden Tag, wir haben jetzt gerade den Mietvertrag mit der HWK unterschrieben. Für die KHM beginnt ein toller und neuer Abschnitt: ein ganz neu saniertes Gebäude, ein richtig repräsentativer Bau, ein guter Standort, eine andere Sichtbarkeit und ein näheres Zusammensein, Miteinander unter einem Hauptdach! Finde ich super!


Das Gespräch führte Dr. Juliane Kuhn, 14. Juni 2023

Redaktion — Juliane Kuhn
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