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MOOZ – on moving images and audiovisual arts 

Cachorro Loko

Cachorro Loko
Igor Shin Moromisato
2015, 5:30 Min., Farbe, Ton

2015, 5:30 Min., Farbe, Ton, Cachorro Loko
Regie und Animation: Igor Shin Moromisato
Schnitt: Moïra Himmelsbach
Farbe: Anderson Rego Freitas
Farbassistent: Claudio Yoshio Niigaki
Musik und Sounddesign: Ernesto Koba und Carlos Andrés Reyes
Tonmischung: Ralf Schipke
Kategorien: Film / TV / Video, Animationsfilm
Produktion: Kunsthochschule für Medien Köln



In Julio Cortázars La autopista del Sur (vom italienischen Regisseur Luigi Comencini 1979 unter dem Titel L'ingorgo verfilmt), kochen im frustrierenden Stillstand eines kolossalen Verkehrsstaus die unangenehmen Seiten der Figuren hoch, Spannungen, Neurosen und Brutalität eskalieren. Im Stau herrscht das Gesetz des Dschungels, die Menschlichkeit ist aufgehoben: homo homini lupus. Jeder gegen jeden.


In Cachorro Loko lässt Igor Shin Moromisato Männer zu wilden Wölfen mutieren oder tollwütige Hunde (Frauen kommen nicht vor), gibt dem Ganzen aber eine überraschende Wendung. In seinem Kurzfilm verschlimmern sintflutartige Regenfälle den Stau, und als der über die Ufer getretene Fluss die Straße zur Schlammpiste macht, bekämpfen die Wölfe sich nicht länger. Die anfängliche Wut der Figuren verwandelt sich in Solidarität, und sie beginnen, Karten zu spielen, eine stillschweigende Übereinkunft, das Chaos um sie herum gemeinsam zu überstehen. Igor Shin zeigt den Verkehr als menschengemacht und entfremdet, den Regen hingegen als naturgegeben. Es ist gerade die feindliche Naturgewalt, die bei den Wölfen menschliche Regungen hervorruft. Der Titelheld, einer der Motorradkuriere, die man in Brasilien Cachorros Lokos“ nennt, kommt ins Schleudern, als ein verschlafener Otter ((verschlafenes Capybara)) unachtsam die Straße überquert, und landet im Fluss. Der Otter erklimmt schließlich die gleiche im Wasser treibende Couch, auf die sich der bedauernswerte Motorradfahrer gerettet hat. Es ist ein friedvoller, ruhiger Ausgang, in der die stoische Sicht auf das Schicksal von Menschen und Tieren zu neuer Geltung kommt. Der Motorradkurier findet sich schließlich mit der Situation ab und teilt sich das „Rettungsfloß“ ganz entspannt mit seinem unvorsichtigen Begleiter. Diese kleine Perle der Animation vermittelt eine ebenso subtile wie profunde Botschaft: Ob du Wutanfälle bekommst oder zum Wolf wirst, es ändert nichts – du steckst unrettbar in dem verfluchten Stau. Solltest du die Zeit da nicht sinnvoller nutzen, um dir Gedanken über das Schicksal unserer zerbrechlichen Existenz zu machen, die uns mit den Tieren verbindet, dich neuen Perspektiven öffnen? Der heilige Augustinus sagte nach der Lektüre der Vergil-Seiten, die Äneas’ Abschied von Dido schildern: „Ich weinte um Dido, als ich um meine eigenen Sünden hätte weinen sollen.“ Er sprach über die Liebe. Die Liebe ist der Kontext dieser einfachen und universellen Geschichte.


Text - Isabel Herguera


Igor Shin ist Animationskünstler mit Schwerpunkt in den Bereichen Bildende Kunst und Comic, Compositing, Einzelbild-Animation, verschiedenen Drucktechniken und Videomapping. Igor gehört dem Kollektiv VAMOS Animation an, einem unabhängigen Animationsstudio mit Sitz in Köln, Deutschland. Sein Animationsfilm Cachorro Loko wurde 2015 von diversen nationalen und internationalen Festivals ausgewählt und erhielt im selben Jahr den Förderpreis des NRW-Wettbewerbs der Kurzfilmtage Oberhausen sowie den Preis für die beste Animation beim Festival Kurz und Schön in Köln.


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© IGOR SHIN MOROMISATO

ÜBER MOOZ

Der virtuelle Ort für künstlerische Arbeiten mit dem bewegten Bild und für experimentelle audiovisuelle Formate der Kunsthochschule für Medien hat einen neuen Namen: MOOZ. Die  auch weit über die KHM hinaus bekannte Plattform für Nahblicke auf die künstlerischen Projekte und Produktionen arbeitet nun mit dem Spiegelungsprinzip: MOOZ reflektiert die vielschichtigen Sequenzen und Formate, spiegelt bislang noch nicht Wahrgenommenes oder gerade erst Hergestelltes in die virtuellen Räume zurück. MOOZ vollzieht damit auch einen Perspektivwechsel: Es geht nicht nur um den Blick auf und in die überwiegend kurzen, audiovisuellen Formen und Entdeckungen zum Vlog, Found Footage, Essayfilm, dokumentarische und performative Formate, abstrakte und experimentelle, installative Anordnungen, sondern mit welcher Linse, welchem Fokus, welchem Zoom die Bewegtbildarbeiten zurückblicken auf die ebenso differente und vielstimmige Welt der User*innen.


Das Spiegelungsprinzip von MOOZ ist auch programmatisch zu verstehen: denn jedes Projekt wird von einer anderen Stimme reflektiert, der*die mit den künstlerischen Arbeiten denkt, einen spezifischen Fokus darauf richtet und die Betrachter*innen zu eigenen Projektionen anregt.


MOOZ@KHM.DE

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