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MOOZ – on moving images and audiovisual arts 

Anfang Juni

11:04
Anfang Juni
Kerstin Neuwirth
2012, 11:04 Min, Farbe, Ton

2012, 11:04 Min, Farbe, Ton, Anfang Juni

Buch/Regie/Montage : Kerstin Neuwirth

Kamera : Simon Rittmeier

Schauspiel: Asja Holl, Irina Potapenko, Ingrid Neuwirth und Jürgen Sarkiss
Szenenbild: Sarah Mitter
Kostüm: Rebecca Still
Produktionsleitung: Hamed Mohammadi
Klangmontage: Franziska Windisch

Produktion : Kunsthochschule für Medien Köln


Wucherndes Kino

Anfang Juni


Manchmal macht es Sinn, sich die Kinoleinwand nicht als weiße Fläche vorzustellen, auf die etwas projiziert wird. In der Begegnung mit Kerstin Neuwirths Anfang Juni etwa scheint sie eher ein dichtgewobenes Gewächs aus satten grünen Blättern, Stängeln, Ästen, die in mycelartigen Verwucherungen eine Oberfläche herstellen, die nicht vom Licht angestrahlt, sondern von unserem Blick durchdrungen werden muss. Nicht auf der Oberfläche, sondern hinter oder unter ihr öffnet sich eine Welt, die ein Garten ist, in dem Raum und Zeit anderen Gesetzen folgen, nicht logisch nachvollziehbar zueinander stehen beziehungsweise chronologisch ablaufen, sondern ineinander fallen, sich überblenden, irrwitzig-verwirrende Beziehungen eingehen.

Eine alte Frau, die im Umkreis eines von dieser grünen Höhle umgebenen Hauses ein Beet bestellt; ein junges Mädchen, das in ein eben solches eingegraben liegt, nur der Kopf schaut heraus, wie – ja genau – ein Kopfsalat; eine Frau mittleren Alters, die all das – oder doch nur den menschenleeren Garten? – beobachtet. Anfang Juni erzählt von etwas: Die zeitlichen Schichten und räumlichen Segmente – das Beet, ein Teich, das Haus – beziehen sich aufeinander, sie deuten einen Zusammenhang, einen Sinn, wenn man so will, an. Und doch ist die Erfahrung den Film zu sehen auch so etwas wie reines Kino: Farben und Formen in Bewegung, Nebelbänke und Lichtreflexionen, Summen, Rascheln, der Schnitt einer rostigen Gartenschere, sinnliche Eindrücke, die vor allem über Blicke und schwebend geführte Kamerabewegungen miteinander verwoben werden. Der Film als ein Ort, den man betritt, um in ihm zu sein, mit dem ganzen Körper, atmend, fühlend, mehr als bloß sehend.

Einmal läuft das Mädchen aus dem Beet mit einem Mann (ihrem Vater?) um einen Waldsee, der im Zentrum dieses dichten, verworrenen Films zu liegen scheint. Schummrig und vibrierend gleitet ihre Reflexion über dessen Oberfläche und bringt so einen weiteren Raum in den Film hinein: Nicolas Roegs Don't Look Now (1973), in dem der Tod des Mädchens im roten Regenmantel mit genau diesem Bild vorweggenommen wird, um später alle Räume und Zeiten für immer, wieder und wieder heimzusuchen. Das ganze Kino, die Geschichte seiner Bilder, ist ein verwunschener Garten, in dem Filme sich verästeln, verhaken, aus dem Blickfeld verschwinden, um irgendwann wieder aufzutauchen, um in einzelnen Bildern neue, oft auch düstere Blüten zu treiben.


Alejandro Bachmann



Kerstin Neuwirth ist in Kärnten, Österreich geboren.
Sie studierte zunächst Kunstgeschichte und Romanistik an der Universität Wien.
Im Anschluss absolvierte sie ein Filmstudium an der Kunsthochschule für Medien Köln. Ihre Kurzfilme, u.a Anfang Juni und Die Bergfrau liefen auf internationalen Festivals. Für Anfang Juni erhielt sie den Förderpreis des NRW-Wettbewerbs bei den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen. 2014 wurde sie mit dem Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen in der Kategorie Film ausgezeichnet. Zur Zeit arbeitet sie an ihrem Debütfilm ABITANTI. Kerstin Neuwirth lebt als freie Filmemacherin und Casterin in Köln. 



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©KERSTIN NEUWIRTH

ÜBER MOOZ

Der virtuelle Ort für künstlerische Arbeiten mit dem bewegten Bild und für experimentelle audiovisuelle Formate der Kunsthochschule für Medien hat einen neuen Namen: MOOZ. Die  auch weit über die KHM hinaus bekannte Plattform für Nahblicke auf die künstlerischen Projekte und Produktionen arbeitet nun mit dem Spiegelungsprinzip: MOOZ reflektiert die vielschichtigen Sequenzen und Formate, spiegelt bislang noch nicht Wahrgenommenes oder gerade erst Hergestelltes in die virtuellen Räume zurück. MOOZ vollzieht damit auch einen Perspektivwechsel: Es geht nicht nur um den Blick auf und in die überwiegend kurzen, audiovisuellen Formen und Entdeckungen zum Vlog, Found Footage, Essayfilm, dokumentarische und performative Formate, abstrakte und experimentelle, installative Anordnungen, sondern mit welcher Linse, welchem Fokus, welchem Zoom die Bewegtbildarbeiten zurückblicken auf die ebenso differente und vielstimmige Welt der User*innen.


Das Spiegelungsprinzip von MOOZ ist auch programmatisch zu verstehen: denn jedes Projekt wird von einer anderen Stimme reflektiert, der*die mit den künstlerischen Arbeiten denkt, einen spezifischen Fokus darauf richtet und die Betrachter*innen zu eigenen Projektionen anregt.


MOOZ@KHM.DE

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