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MOOZ – on moving images and audiovisual arts 

Eigelstein

03:40
Eigelstein
Daniel Burkhardt
2006, 3:40 Min., stumm, Farbe

2006, 3:40 Min., stumm, Farbe

Regie: Daniel Burkhardt
Betreuung: Prof. Matthias Müller, Prof. Peter Zimmermann, Prof. Siegfried Zielinski
Produktion: Kunsthochschule für Medien Köln




In "Eigelstein" zerfällt das Bild einer urbanen Straßensituation in schmale, vertikale Fragmente. Die äußere Form der Gegenstände ist atomisiert, ihre Wiedererkennbarkeit eingeschränkt. Dadurch verschiebt sich der Fokus der Wahrnehmung: Rhythmus und Farbigkeit der Bilder treten in den Vordergrund. Doch die Fragmentierung bleibt nicht statisch, sie unterliegt Veränderungen. Die Bewegungen von Fahrzeugen und Passanten modulieren die zeitliche Struktur des Bildraumes: während sie selbst zu einem einheitlichen Bildeindruck zusammengefügt werden, lösen sich die anderen Objekte wieder in Fragmente auf.


Für Daniel Burkhardt ist visuelle Wahrnehmung ein diskontinuierlicher Prozess, in dem Sehen und Nicht-Sehen einander bedingen. Dabei bedient sich das menschliche Gehirn einer bestimmten Abstraktion: Formen werden selektiert, bereits bekannten zugeordnet und zu neuen Gruppen zusammengefügt. Auf diese Weise entstehen zwangsläufig blinde Stellen. Dieser Blindheit nachzugehen, ist für ihn ein wichtiges Prinzip. Als Ausgangsmaterial für seine Videobilder verwendet Daniel Burkhardt überwiegend dokumentarische Aufnahmen aus seinem privaten Archiv, das er selbst als Schichtungs- und Erinnerungssystem versteht. Die meisten seiner Ausgangsbilder entstehen im Vorbeigehen: auf Spaziergängen, Ausflügen und Reisen. Auf den ersten Blick könnte die Auswahl der Motive beliebig wirken. In "Eigensten" ist es eine  Straßenszenerie mit Auto- und Zugverkehr mitten in der Kölner Innenstadt. Für den Künstler sind aber gerade möglichst unspektakuläre und dennoch nicht unbekannte Bilder von Relevanz. Dadurch werden die später im künstlerischen Bearbeitungsprozess entstehenden Veränderungen in den Bildern für den Betrachter besser beobachtbar. Entscheidend ist für ihn aber, dass sich im Moment der Aufnahme durch die Wahl von Motiv, Zeitpunkt, Aufnahmedauer, Kadrierung und Kamerabewegung ein visuelles Interesse formuliert. Hier entsteht für ihn eine erste Faszination, ein Moment der Nicht-Blindheit und ein Kontakt zum Umraum des Bildes, dem er in der Nachbearbeitung folgt. 


Nachdem er sich für das Ausgangsmotiv entschieden hat, wird dessen dokumentarischer Charakter in der formalen Bearbeitung ins Phantastische, Fiktive und Subjektive geweitet. Die Hauptparameter des Eingriffs sind das räumliche und zeitliche Kontinuum des Bildes. Es wird digital fragmentiert, dupliziert, verschachtelt, wiederholt und verschoben. Die entstehenden formalen Strukturen entwickeln sich aus einem wiederholten Rückkopplungsprozess zwischen formalem Eingriff, genauem Betrachten und erneutem Eingriff. Diese Rückkopplungsschleife gleicht einem Tanz, in dessen Mitte die Potenzialität des Bildes und die eigene Wahrnehmung des Künstlers stehen. Die sukzessive formale Durchdringung fördert schließlich Bewegungsstrukturen sowie Form- und Farbzusammenhänge zutage, die vorher unsichtbar waren. Am Ende ist das Ausgangsmaterial in dem finalen Videobild sichtbar und tritt zugleich hinter der Bearbeitung zurück. Nur eine genaue Balance der beiden Seiten entfaltet etwas Neues. Für Daniel Burkhardt ist es ein wesentliches Anliegen bewegte Bilder zu schaffen, die unsere Wahrnehmung selbst erfahrbar werden lassen. Der Impuls in diese Richtung muss sich im Betrachter der Videobilder natürlich selbst auslösen. Die Aufmerksamkeit des Betrachters und der Ort des Betrachtens spielen hierfür eine wichtige Rolle.


Text — Daniel Burkhardt / Daniel Sondermann




Daniel Burkhardt wurde 1977 in Bochum geboren. Er lebt und arbeitet als freischaffender Künstler in Köln.
Grundständiges Studium an der Kunsthochschule für Medien Köln von 2002 bis 2007. Diplom mit den Videoarbeiten CTG KEEPS COOL, Eigelstein und der Werkreihe Rauschen & Brausen I-IV in der Fächergruppe Medienkunst.

www.danielburkhardt.de




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© DANIEL BURKHARDT

ÜBER MOOZ

Der virtuelle Ort für künstlerische Arbeiten mit dem bewegten Bild und für experimentelle audiovisuelle Formate der Kunsthochschule für Medien hat einen neuen Namen: MOOZ. Die  auch weit über die KHM hinaus bekannte Plattform für Nahblicke auf die künstlerischen Projekte und Produktionen arbeitet nun mit dem Spiegelungsprinzip: MOOZ reflektiert die vielschichtigen Sequenzen und Formate, spiegelt bislang noch nicht Wahrgenommenes oder gerade erst Hergestelltes in die virtuellen Räume zurück. MOOZ vollzieht damit auch einen Perspektivwechsel: Es geht nicht nur um den Blick auf und in die überwiegend kurzen, audiovisuellen Formen und Entdeckungen zum Vlog, Found Footage, Essayfilm, dokumentarische und performative Formate, abstrakte und experimentelle, installative Anordnungen, sondern mit welcher Linse, welchem Fokus, welchem Zoom die Bewegtbildarbeiten zurückblicken auf die ebenso differente und vielstimmige Welt der User*innen.


Das Spiegelungsprinzip von MOOZ ist auch programmatisch zu verstehen: denn jedes Projekt wird von einer anderen Stimme reflektiert, der*die mit den künstlerischen Arbeiten denkt, einen spezifischen Fokus darauf richtet und die Betrachter*innen zu eigenen Projektionen anregt.


MOOZ@KHM.DE

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