Filmisches Projekt über die Realität und Konstruktion von Recht und Gesetz in Ägypten.
Moderation Dr. Lilian Haberer (Kunstgeschichte im Medialen Kontext)
In "Exercises On Trials" befassen sich Jasmina Metwaly und Philip Rizk mit der gespenstischen Realität und Konstruktion von Recht und Gesetz in Ägypten. Für das filmische Projekt haben Sie viele Orte juristischer Prozesse aufgesucht und sich mit der Rolle von Theatralität und Performativität der Rechtsprechung auseinandergesetzt, die das menschliche Handeln innerhalb und außerhalb bestehender Grundsätze determiniert. Aus eben dieser theatralen Aufladung beziehen Staatspräsidenten ihre Macht. In ihrem Versuch, unter die Haut der labyrinthischen Gesetzeslage zu dringen, untersucht das Künstlerduo eine Vielfalt narrativer Ebenen. Dabei setzen sich Rizk und Metwaly auch mit der medial vermittelten Seite eines Prozesses auseinander, indem sie auch die Personen der Medienberichterstattung in den Blick nehmen.
Ein anderes Element des Projekts
ist die Inszenierung einer alternativen rechtlichen Realität durch ein
Gerichtssaalszenario mit Studierenden, das Techniken von Augusto Boal's Theatre of the Oppressed und
andere improvisatorische wie narrative Methoden miteinbezieht. Dabei setzen
sich Metwaly und Rizk auch mit Archivmaterial von Zeugenaussagen auseinander,
die sie im Rahmen ihrer Arbeit für das aktivistische Medienkollektiv Mosireen gesammelt haben.
In der Lecture Performance "Exercises On Trials" weicht das Dokumentarische früherer Arbeiten zunehmend einer hybriden Form aus Fiktion und Dokumentation – das surreal-kafkaeske Ausmaß ägyptischer Rechtsprechung wird von verschiedenen in die Prozesse involvierten Personen wie Menschenrechtsanwälten, Justizopfern, Kameramännern und künftigen Richtern in kurzen theatralischen Performances dargestellt.
Jasmina Metwaly und Philip Rizk arbeiten neben ihrer individuellen künstlerischen, filmischen und aktivistischen Praxis seit 2010 an gemeinsamen Kunstprojekten. Beide sind Mitbegründer des politisch-aktivistischen Medienkollektivs Mosireen, das sich seit der ägyptischen Revolution 2011 der Dokumentation der Ereignisse sowie der Veröffentlichung und Verbreitung von Informationen widmet. "Out on the Street", der erste gemeinsame Film von Metwaly / Rizk in Spielfilmlänge, erhielt zunächst bei den Berliner Filmfestspielen 2015, später im selben Jahr im Deutschen Pavillon der Biennale von Venedig internationale Aufmerksamkeit.
Jasmina Metwaly arbeitet als Künstlerin und Filmemacherin in Kairo. Ihr Essay-Kurzfilm „From Behind the Monument“ hatte 2014 auf der Berlinale Premiere. 2014/15 war sie Kokuratorin des „Imaginary School Program” am Beirut Art Center.
Philip Rizk arbeitet als Filmemacher und Schriftsteller in Kairo. Seine Audioinstallation „A Colonial Landscape” war Teil der gleichnamigen Fotoausstellung von Tobias Zielony im Fotohof Salzburg, 2015.