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Lukas Marxt – FROM LIGHT TO COLD

Buchpräsentation im Rahmen der Ausstellung "Lukas Marxt – Imperial Inscription" in der Kunsthalle Graz. Einige der besprochenen Arbeiten sind während des Studiums an der KHM entstanden.

Buchvorstellung, Dienstag, 21. März 2019, 14 Uhr, Kunsthalle Graz

Die Kuratorin Claudia Slanar präsentierte im Rahmen dieser Ausstellung das von ihr jüngst herausgegebene Buch „Lukas Marxt. From Light to Cold“, in dem unterschiedliche Blickwinkel auf Marxts Arbeiten geworfen werden. Das Buch ist kein vollständiger Werkkatalog des Künstlers, sondern der Versuch, den vielfältigen Möglichkeiten kritischer Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst und Film nachzuspüren. Das Buch ist auf Englisch.


Lukas Marxt – FROM LIGHT TO COLD

Editor, Claudia Slanar
Texts, Marie-Luise Angerer, Wiliam L. Fox, Claudia Slanar, Shahin Zarinbal
Interview, Julian Ross with Lukas Marxt
Language English, Details Paperback, 24 x 16 cm, 144 pages, 39 ills. in color
ISBN 978-3-903269-45-3, VERLAG FÜR MODERNE KUNST


Aus dem Vorwort:

In vorgeblichen Naturräumen wie Wüste und Eismeer, aber auch städtischen Umgebungen untersucht Lukas Marxt die Spuren menschlicher Eingriffe. Manchmal setzt er auch selbst welche. Die von ihm aufgesuchten Orte, meist an der Peripherie der wirtschaftlichen und politischen Zentren gelegen, zeigt er als historisch-ästhetisch aufgeladene Projektionsflächen für Begriffe wie Sehnsucht und Freiheit, und vor allem von kapitalistischen Verwertungsstrukturen durchzogen. Seine Filmarbeiten wie auch Installationen sind visuell faszinierend, „elegant“ wie Autor William L. Fox konstatiert, und hinterfragen Blick- sowie Repräsentationsregime.
„Die Landschaftsdarstellung kann den kritischen Umgang mit der vorhandenen Ordnung der Dinge auf den Weg bringen,“ findet der Künstler. Dies zieht Fragen nach Faktizität und Sichtbarkeit dieser “Ordnung” nach sich und natürlich nach der Rolle des Filmemachers in diesem Prozess. Seine filmisch-forschenden Untersuchungen referenzieren zwar auf die Künstler_innen der historischen Land Art, doch geht Lukas Marxt darüber hinaus: Denn es ist das geologische Konzept des Anthropozän - das spätestens 2013/14 durch das vom Haus der Kulturen der Welt in Berlin initiierten Projekt im Kunstfeld angekommenen ist -, das er in seinen Arbeiten thematisiert und verhandelt. Die darin festgestellte Auswirkung menschlichen Handelns auf das weltweite Ökosystem sowie dessen Einschreibung in den geologischen Aufbau der Erde, scheinen mittlerweile unbestritten.

Nicht erst seit der Übernahme des Konzeptes in gegenwärtige, ökologische wie konzeptuelle Debatten über Landnutzung und Besitzverhältnisse, sind Raum, Ort und Landschaft zentrale Analysekategorien geworden. Der “spatial turn” in den Kulturwissenschaften erlangte auch durch jüngste Migrationsströme und geopolitische Umwälzungen erneut politische Brisanz. Dabei scheint es geradezu frivol nach den ästhetischen Konzepten von Raum und Landschaft zu fragen. Doch ist es genau diese “Re-Territorialisierung,” die einen Blick auf die gemeinsame, so verflochtene Geschichte von visuellen Konzepten und jenen der Landnahme wieder notwendig macht. Denn die Geschichte des fotografischen wie kinematofgrafischen Dispositivs ist untrennbar mit jener der Konstruktion, Kategorisierung und Beherrschung von Landschaft verbunden. Während gegenwärtige kultur- und kunsttheoretische Debatten nach der ideologischen Funktion des Anthropozäns fragen, wäre dies ein guter Zeitpunkt, daran jene nach gegenwärtigen Abbildungsformen von Landschaft stellen. Wie haben sich Letztere mit der jüngsten Geschichte verändert? Wie wird der Aspekt menschlicher Einschreibung in künstlerischen Praxen, die sich kritisch mit Landschaft und Natur, Vorstellung und Repräsentation befassen, verhandelt?

In diesem Sinne war (und ist) Landschaft immer bereits ein “flimmernder Text” gewesen, “dessen Bedeutung kreiert, erweitert, verändert, ausgebaut, und schließlich ausgelöscht werden konnte“ (Daniels/Cosgrove). Etymologisch hatte er ebenso immer schon mit Besitzverhältnissen zu tun. Jene des „military-state-corporate-industrial-complex“ sind Gegenstand des Beitrages von William L. Fox, „Salvaging the Salton Sea.“ Darin widmet sich der Schriftsteller einer genauen Analyse der Entstehungsbedingungen der Salton Sea, eines künstlich angelegten Sees in der Wüste Süd-Kaliforniens. Diese Region befindet sich heute durch Flussregulierungen und künstlich angelegte Wasserläufe im Zuge der Agrarindustrie mitten in einer ökologischen Krise enormen Ausmaßes. Fox zeigt nun, angelehnt an das laufende Forschungsprojekt von Lukas Marxt über Atombomben-Experimente in den Wüsten von Utah, Nevada, und Kalifornien, wie sehr das US-Militär Landnahme und Verwertung natürlicher Ressourcen seit der Zeit der Kolonialisierung dominiert hat und dies immer noch tut.

Shahin Zarinbal geht in „Lukas Marxt - Time and Space in Time and Space“ einen Schritt zurück und widmet sich den unterschiedlichen historisch-philosophischen Konzeptionen von Natur, Landschaft und Körperlichkeit in den Video-Installationen des Künstlers. Er geht von einer phänomenologische Sichtweise des Raumes aus, in der dieser erst durch ein „Sich-in-ihm Befinden” produziert wird. Zarinbal argumentiert, nicht zuletzt mit Martin Heideggers Vorstellung einer technisierten Natur, dass die räumlichen Inszenierungen von Videoarbeiten selbst als Landschaften zu sehen sind. Damit würden sie die Erfahrung einer komplexen, vielschichtigen Beziehung zwischen Mensch und Natur bei den Besucher_innen der jeweiligen Ausstellung nachvollziehbar machen.

Die räumlichen Bezüge von Lukas Marxts Arbeiten sind ebenfalls Thema des Interviews, das Julian Ross vor drei Jahren mit dem Künstler geführt und für dieses Buch weitergeführt hat. Darin sprechen die beiden nicht nur über die veränderten Rahmenbedingungen der neuesten Arbeiten, sondern auch den verstärkten Einsatz der Drohnen-Kamera.

Mit dem Phänomen dieses maschinellen Blicks beschäftigt sich auch die Medientheoretikerin Marie-Luise Angerer in ihrem Beitrag “Who Controls the Controlled?” Welches Blickregime wird hier erzeugt und wie verhält es sich im Bezug auf eine neues, technisch-wissenschaftliches Dispositiv? Welche Subjektivierungsformen ergeben sich dadurch, welche posthumanen, artübergreifenden Lebensgemeinschaften könnten jenseits des Kultur/Natur-Kluft entstehen? Sie verortet diese Fragestellungen innerhalb neuerer und neuester Theoriebildung im Lichte des Anthropozän-Diskurses, vom “material turn” bis zur object-oriented philosophy, und situiert Marxts Arbeiten innerhalb dieser “geo-sozialen Dimension” (Angerer).

Claudia Slanars Text am Ende widmet sich wiederum dem veränderten Landschaftsbegriff in Lukas Marxts Filmen: Wie kann der Begriff nach seinem “Ende” noch fruchtbar gemacht werden? Welche Inszenierungsformen ergeben sich durch das ungebrochene Interesse an der Repräsentation mit dem gleichzeitigen Wissen um die brisante Geschichte? Mit Hilfe eines “closer readings” von einigen Arbeiten, insbesondere der Bild-Ton-Beziehungen, findet sie einen Bezugsrahmen, der die rein visuelle Produktion von Raum sowie den eigenen künstlerischen Eingriff problematisiert. Gerade durch das Überführen in die Inszenierung könnten schließlich Brüche, Schichten und Verflechtungen vermittelt werden.

Lukas Marxt – FROM LIGHT TO COLD

Editor, Claudia Slanar
Texts, Marie-Luise Angerer, Wiliam L. Fox, Claudia Slanar, Shahin Zarinbal
Interview, Julian Ross with Lukas Marxt
Language English
Details Paperback, 24 x 16 cm, 144 pages, 39 ills. in color
ISBN 978-3-903269-45-3
VERLAG FÜR MODERNE KUNST


Lukas Marxt studierte von 2009 bis 2012 an der KHM.

Redaktion — Juliane Kuhn
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