David Hahlbrock: „..., and the house started to grow!“

Ein kleines Haus aus Emmentaler Käse begrüßt die Besucher gleich im Foyer: David Hahlbrock, der fünfte Künstler, der im „EG Null – Raum für  junge Kunst“ der Generali Deutschland Holding ausstellt, zeigt Foto- und  Videomontagen, die die Ambivalenzen von Kultur- und Naturdefinitionen im  Kontext von Landschaft und Architektur thematisieren. Dominiert wird die  Ausstellung jedoch von seinem skulpturalen Eingriff in die bestehende  Architektur, mit dem er das Raumgefüge neu gliedert: Ein fast  deckenhoher, an den Seiten offener Kubus steht mitten im Raum. Innen sieht man ein buntes Muster, welches das menschliche Gehirn irritiert  und die visuelle Wahrnehmung stört: Die Wand scheint sich wellenförmig  zu bewegen. Diese Tapetenarbeit mit dem Titel „Scan and Order“ ist aus Fotoscans von Clematisblüten generiert. Tritt man nahe an die Wand  heran, sind die fotografischen Details der Pflanzen zu sehen.
 
„Für alle bisherigen Ausstellungen im EG Null im Hauptgebäude der Generali Deutschland Holding stellten die architektonischen Gegebenheiten eine Herausforderung dar. David Hahlbrock hat die bislang  radikalste Antwort gefunden“, sagt Dietmar Meister,  Vorstandsvorsitzender der Generali Deutschland Holding.
 
Grund für die Neugliederung des Ausstellungsraums ist die Isolierung der  Monitorwand und der Betonsäule für die dazugehörige Steuerung, die  mitten im Raum platziert ist. Auf der Videowand wird ein für  die Ausstellung entstandenes Video gezeigt, das auf Interviews mit den  Personen beruht, die für Entwurf, Ausführung und Nutzung des  Ausstellungsraums verantwortlich sind. Immer wieder ist eine weiße Maus  zu sehen, die über die zwölf Monitore mäandert und Fragen stellt, die  dann von den Protagonisten Architekt, Innenarchitektin, Kurator oder  Unternehmensvorstand beantwortet werden.
 
An einer der beiden Stirnwände hängt die Fotomontage „Skyscraping“. Das  nur 15 x 15 cm messende Bild basiert auf einer Luftaufnahme, die Alfred  Nobel mit Hilfe einer kleinen Rakete und Selbstauslöser gelang. Sie  zeigt sein Heimatdorf, das in eine Hügellandschaft eingebettet ist. Das  Haus in der Bildmitte ist deutlich sichtbar zu einem Hochhaus mit  Satteldach mutiert, die Collage verweist somit ganz unaufgeregt auf die  Zusammenhänge von Technologie, Kultur und Architektur.
 
Auch im Außenraum geht die Ausstellung weiter. Am Gebäude der Generali Deutschland Holding und den umliegenden Laternenmasten werden kleine  Skulpturen mit dem Namen „Replicants" angebracht, die aus verspiegelten,  geometrischen Körpern und Säulenkakteen der Familie Trichocerus Pachanoi  zusammengesetzt sind. Diese „Replicants“ sind eine künstlerische  Intervention in den städtebaulichen Kontext und nehmen Bezug auf die  Reproduzierbarkeit von kognitiven Zuständen in Mathematik, Psychotropika  und Ingenieurwissenschaft und betonen die Ambivalenzen von fluiden und  festen Systemen innerhalb der Stadt.
 
„Die Werke von David Hahlbrock wollen für architektonische und  organisatorische Zusammenhänge sensibilisieren und hinterfragen kritisch  die im Kontext der Ausstellung bestehenden sozialen Hierarchien. Die  einzelnen Arbeiten stehen dabei für sich, ergänzen sich aber auf  unterschiedlichen Ebenen und verweisen assoziativ auf die ineinander  verschränkten Themenkomplexe. Die skulpturalen Eingriffe in die Innen- und Außenarchitektur in direkter Umgebung des Gebäudes sowie das Video für die Monitorwand kommentieren bestehende Hierarchien städtebaulicher  Entwicklung und die Rolle der Kunst in diesem Prozess“, sagen Georg  Elben und Julia Höner, Kuratoren der Ausstellung.
 
David Hahlbrock, geboren 1980 in Koblenz, lebt in Köln. Nach dem  Grundstudium Geschichte und Baugeschichte an der TU Berlin studierte er  ab 2005 an der Kunsthochschule für Medien, Köln. 2010 Diplom  und RölfsPartner Förderpreis 2010.
 
Ausstellungen/Screenings (Auswahl)
 2008 Ars Electronica, Linz
 2009 Happy Haus, Kunst im Tunnel KIT, Düsseldorf
 2009 returnable spaces and data, Today Art Museum Beijing
 2009 EMAF, Osnabrück
 2010 A Bird in the the Bush, Johnen Galerie, Berlin
 2010 Der Westen leuchtet, Kunstmuseum Bonn