Meta-tools

Die Entwurfsprozesse vieler kontemporärer Designdisziplinen finden heute größtenteils im virtuellen Raum unter der Verwendung von digitalen Entwurfswerkzeugen statt. Dies geht so weit, dass sich Designer:innen nicht selten durch Kenntnisse der 'state-of-the-art' Tools einer Disziplin für ihre Arbeit dort qualifizieren. Solche Entwurfswerkzeuge stellen Handlungsräume in Form standardisierter Formate und Prozesse zur Verfügung. Sie beschleunigen die Entwurfsarbeit, erleichtern die Kooperation, erhöhen Planungssicherheiten und gestatten Designer:innen mit Materialien zu arbeiten, die sich einem direkten Umgang entziehen. Zugunsten solcher Stärken limitieren sie gleichzeitig die Entwurfsprozesse. Sie begrenzen die möglichen Ergebnisse auf Artefakte definierter Klassen und lassen Designprobleme so aus bestimmten Perspektiven erscheinen. Sie arbeiten nicht nur an den individuellen Lösungen sondern auch an der Problemauffassung ihrer Benutzer:innen mit.

Trotz der Allgegenwart solcher Entwurfswerkzeuge und ihres enormen Einflusses auf die zeitgenössische Designlandschaft – und damit auf unsere Lebenswirklichkeit – bleiben ihre Auswirkungen auf die Designpraxis weitgehend unreflektiert. Dieses Forschungsvorhaben schlägt als Ausgangspunkt für eine solche Reflexion die Perspektive des Interfacedesigns vor, jener Disziplin, die Entscheidungen darüber trifft, wie Nutzer mit Systemen in Kontakt treten (sollen). Aus dieser Perspektive können Entwurfswerkzeuge nicht nur als Ausgangspunkte, sondern selbst als Ergebnisse von Entwurfsprozessen untersucht werden. Ziel des Projekts ist es, eine Grundlage zu schaffen, die (1) Designer:innen einen bewussteren Umgang mit ihren Werkzeugen ermöglicht und (2) eine reflektierte Basis für die Konzeption neuer Designwerkzeuge bietet. In der Arbeit wird dies ebenfalls am Beispiel des Interfacedesign durchgespielt, nämlich an den grafischen Entwurfswerkzeugen, die hier zum Einsatz kommen. Die forschungsleitende Frage, die dabei im Mittelpunkt steht, lautet: 'Wie arbeiten die grafischen Entwurfswerkzeuge im Interfacedesign am Entwurfsdenken und Problemverständnis von Designer:innen mit?'

Für die Bearbeitung dieser Frage verfolge ich einen experimentellen Ansatz. Statt nur fertige Entwurfswerkzeuge zu betrachten, wird das Thema durch die Entwicklung und Erprobung eigener kleiner Entwurfswerkzeuge untersucht. Diese prototypischen Tools sollen die inneren Strukturen und einzelnen Aspekte der Entwurfswerkzeuge so greifbar wie möglich werden lassen. Als 'Meta-Tools' sind diese gleichzeitig Werkzeuge zum Entwerfen, aber auch Werkzeuge für das Nachdenken über Werkzeuge. Ihre theoretische und praktische Reflexion soll Wissen über ihre Wirkweisen zu Tage fördern. Dieses gewonnene Wissen soll für einen praktischen Gebrauch aufbereitet werden.