Übergänge (AT)

Übergänge (AT) schildert eine Reise durch Japan im Herbst 2019. Die japanische Literatur und ihr Schreiben über Orte spielt eine zentrale Rolle. Auszug Der Wandelgarten Kōraku, das Lokal Otafuku und das Kotobukiyu Sento. In meinem Kinderzimmer hing eine Lithografie, schwarz-weiß, zwischen einer Spanholz- und einer Glasplatte fixiert: eine nächtliche Landschaft mit einem hell erleuchteten Schloss, durch horizontale Linien zerteilt in Etagen, dahinter angedeutete Bäume. Doch die Stockwerke nahmen kein Ende, verlängerten sich ins Bodenlose, reproduzierten sich in der Tiefe. Die Darstellung war so grob, dass ich den Moment der Spiegelung, der Wendung lang verpasste. Minori posiert vor der Engetsu-kyō, der Vollmondbrücke. Die runde Form reflektiert im Wasser, aus den beiden Hälften entsteht ein Ganzes, der Mond auf Erden. – Nein, die Bilder gefallen mir nicht, mach noch mal. Mach ein schönes Bild von mir. – Ok, geh noch einen Schritt zurück, näher ans Wasser. Wie gern wäre ich ein Spiegel, wie es der Mond für die Sonne ist. Ich spüre, wie der Übergang von der Ein- zur Zweisamkeit misslingt. Spannung liegt in der Luft. Im Garten Kōraku ist nichts nur es selbst, alles ähnelt, gleicht, erinnert. Eine Landzunge, die zwei Seiten eines Teichs verbindet, zitiert die Landschaft des Westsees bei Hangzhou in China. Das Zentrum des Parks, ein Teich mit künstlichen Inseln, verweist auf den Biwasee nahe Kyōtō. Auf einer Seite wachsen Ahorne, auf der anderen Kiefern.