Unterstützt wird das noch durch die reduzierte Helligkeit nächtlicher
Szenen. Besonders intensiv verwendet die Künstlerin den freien
Umgang mit Zeitmaßen und bringt Sequenzen mitunter gedehnt oder
aber gerafft ins Bild. Eine ganz eigene und sehr wirksame Rolle spielt
der Ton, der in ähnlicher Weise wie es optisch für die Bilder
gilt, Originaltöne über einen Kammfilter "einfärbt".
Als eigenständiges Element trägt er zur dichten, authentischen
Aufladung der Sequenzen bei. Traumspezifische Beeinträchtigungen
der Wahrnehmung, die nicht immer präzise festliegende Verteilung
von Rollen oder die Eigenbewegung der Kamera lassen eine eigentümliche
Vertrautheit mit den fremden Traumerlebnissen entstehen. Daß
Hee Seon Kim bewußt fixierbarer Kategorien wie Ort, Zeit, ja
sogar Personen umgeht, schafft andererseits wieder ein gewisse Distanz
zu den Filmsequenzen als kulturell klar codiertes Produkt: Träume
lassen sich nicht ausrechnen.
Für den Betrachter der Ausstellung ist der Weg zum Auslösen
dieser Filme als ein räumlicher Parcours inszeniert: Ein per
Touchscreen bedienbares Bild-Puzzle steht als anfängliche Hürde
zwischen erster Neugier auf eine Ausstellung und dem Eintauchen in
die tieferen Schichten der Filmsequenzen. Wie in einer morgendlichen
Synthese des nachts Geträumten entsteht erst allmählich
ein Eindruck der Vorgänge. Erst wenn der Betrachter von Kims
Arbeit als Proband die gestellte Aufgabe gelöst hat, beginnt
sich das Bild zu bewegen und mündet in eine Traumsequenz ein.
Letztlich beschreibt diese Versuchsanordnung in der Form genau den
Rückweg der Traumdeutung: über eine rational lösbare
Aufgabe zurück in Zusammenhänge vorzustoßen und sich
darauf einzulassen, daß diese eben nicht mehr einer logisch
verstehbaren oder gar erläuterbaren Form folgen. --->