Schlußszene

Judy: Scottie, warum sind wir hier?

Scottie: Das habe ich Dir doch gesagt. Ich muß noch einmal in die Vergangenheit zurück. Nur noch einmal - zum letzten Mal.

Judy: Aber warum hier?

Scottie: Madeleine ist hier umgekommen, Judy.

Judy: Ich will da nicht reingehen, ich möchte lieber hier warten.

Scottie: Aber ich brauche Dich.

Judy: Wozu?

Scottie: Ich brauche Dich. Du mußt jetzt eine Weile Madeleine sein. Und wenn das vorbei ist, werden wir beide frei sein.

Judy: Ich - ich habe Angst! (Sie versucht, sich loszureißen)

Scottie: Oh nein, ich muß Dir jetzt von Madeleine erzählen. Genau da - da haben wir gestanden, und ich habe sie zum letzten Mal geküßt. Und sie sagte: "Wenn Du mich verlierst, wirst Du wissen, daß ich Dich geliebt habe ..."

Judy (versucht erneut, sich loszureißen): Scottie!

Scottie: "... und daß ich immer bei Dir bleiben wollte." Ich sagte: "Ich will Dich nicht verlieren", aber ich habe sie verloren. Sie hat sich plötzlich umgedreht, und ist in die Kirche gelaufen. Als ich ihr nachgelaufen bin, war es zu spät.

Judy: Ich will da nicht reingehen!

Scottie: Zu spät, Judy! (Sie gehen in das Innere der Kirche)

Judy: Scottie, ich ...

Scottie: Ich konnte sie nicht gleich finden. Und dann hörte ich Schritte auf der Treppe. Sie lief den Turm hinauf - ja, hier.

Judy: Scottie ...

Scottie: Hier, Judy, hier lief sie die Treppe rauf. Durch die Falltüre oben auf den Turm. Und ich versuchte, ihr zu folgen, aber ich schaffte es nicht bis oben - ich habe es versucht, aber es war mir einfach nicht möglich. Man bekommt vom Schicksal nicht oft nochmal eine Chance. Ich will mich nicht mehr mit der Vergangenheit herumquälen. Du bist jetzt meine einzige Hoffnung, Judy. Du bist meine einzige Hoffnung.

Judy: Laß mich los!

Scottie: Du siehst jetzt wie Madeleine aus. Geh die Treppe rauf!

Judy: Nein!

Scottie: Geh die Treppe rauf, Judy! Geh die Treppe rauf, ich komme Dir nach. (Sie gehen langsam den Turm hinauf) Bis hierher konnte ich es schaffen, aber Du - Du bist weitergegangen. Erinnerst Du Dich? Die Halskette, Madeleine. Das war Dein großer Fehler. Ich habe mich an die Kette erinnert.

Judy: Laß mich gehen!

Scottie: Nein, wir steigen den Turm rauf, Madeleine.

Judy: Das kannst Du nicht. Du hast Angst!

Scottie: Das werden wir ja sehen. Das ist meine einzige Chance! (Sie gehen weiter hinauf)

Judy: Nein, bitte!

Scottie: An jenem Tag hast Du gewußt, daß ich Dir nicht würde folgen können. Wer war da oben, als Du da ankamst? Elster und seine Frau?

Judy: Ja!

Scottie: Ja, und sie war es, die gestorben ist. Seine richtige Frau, nicht Du. Du warst die Kopie, Du warst die Fälschung, nicht wahr? War sie tot oder lebendig, als Du ...

Judy: Tot. Er hatte ihr das Genick gebrochen.

Scottie: Das Genick gebrochen. Er wollte kein Risiko eingehen, oder? Also hat er sie, als Du oben angekommen bist, vom Turm gestoßen. Aber Du warst die, die geschrien hat. Warum hast Du geschrien?

Judy: Ich wollte es verhindern, Scottie! Ich bin raufgerannt, um es zu verhindern.

Scottie: Du wolltest es verhindern? Warum hast Du dann geschrien, nachdem Du mich bis dahin so gut überlistet hattest? Du hast seine Ehefrau perfekt gespielt, Judy. Er hat Dich umgemodelt, nicht? Von Kopf bis Fuß - so wie ich Dich umgemodelt habe, nur perfekter. Nicht nur Kleidung und Haar - Dein ganzes Äußeres, Dein Auftreten, Deine Sprache! Und diese wundervollen angeblichen Trancen. Und in die Bucht bist Du gesprungen, nicht wahr? Ich wette, Du bist eine fabelhafte Schwimmerin, oder? Oder etwa nicht?

Judy: Doch!

Scottie: Natürlich! Und was hat er noch getan? Hat er Dich trainiert? Hat er mit Dir geprobt? Hat er Dir genau gesagt, was Du zu tun und zu sagen hast? Und Du warst eine sehr gelehrige Schülerin, nicht wahr? Eine brilliante Schülerin. Und warum habt Ihr mich ausgesucht? Warum mich?

Judy: Dein Unfall - Dein Unfall ...

Scottie: Mein Unfall! Ich war also genau das richtige Werkzeug, nicht? Ich war das Werkzeug. Der maßgeschneiderte Zeuge. Nur das Werkzeug, und weiter nichts. Und weiter nichts ...

Judy: Was hast Du jetzt vor?

Scottie: Wir gehen jetzt rauf, und sehen uns den Ort des Verbrechens an. Komm, Judy! (Sie gehen durch die Falltür auf das Plateau des Kirchturms) Hier ist es also passiert. Ihr beide habt Euch da hinten versteckt, bis die Luft rein war, und dann habt Ihr Euch heruntergeschlichen und seid in die Stadt gefahren. Und dann - Du warst seine Freundin, hä? Was ist dann mit Dir passiert? Was ist mit Dir geschehen? Hat er Dich fallen lassen? Oh Judy - mit dem vielen Geld seiner Frau, mit der ganzen Freiheit und Macht, hat er Dich fallen lassen. Was für eine Schande - aber er wußte, er war in Sicherheit. Er wußte, Du könntest nicht reden. Hat er Dir was gegeben?

Judy: Nur etwas Geld.

Scottie: ... und die Halskette, Carlottas Halskette. Und da hast Du Deinen großen Fehler gemacht, Judy. Andenken an einen Mord hättest Du nicht aufheben sollen. Du hättest eben nicht - Du hättest eben nicht so sentimental sein dürfen. Ich habe Dich so geliebt, Madeleine.

Judy: Scottie! Ich war in Sicherheit, als Du mich gefunden hast. Es gab nichts, was Du hättest beweisen können. Aber als ich Dich wiedersah, konnte ich nicht weglaufen. Ich liebte Dich so! Ich bin in die Gefahr hineingelaufen, und ich habe mich von Dir verändern lassen, weil ich Dich liebe, weil ich bei Dir sein wollte. Oh Scottie - oh Scottie, bitte - Du liebst mich! Also liebe mich, halte mich fest, bitte!

Scottie: Zu spät, es ist zu spät. Nichts kann sie zurückbringen.

Judy: Oh, bitte! (Sie küssen sich. Plötzlich betritt eine Nonne in dunklem Umhang das Plateau des Turmes. Judy erschrickt, und reißt sich los) Nein, nein! (Judy stürzt vom Turm)

Nonne: Ich habe Stimmen gehört. (Sie bekreuzigt sich) Gott erbarme sich ihrer! (Sie läutet die Glocke)

zurueck