Von staatlicher Seite finanzierte Museen oder Institutionen wie die deutschen Staatsarchive, deren Aufgabe es ist, geschichtlich bedeutsame Dokumente zu erhalten, haben sich in diesem Zusammenhang bisher um vornehme Zurückhaltung bemüht. Im Bundesarchiv in Karlsruhe stapeln sich zwar die Akten aus Behörden und Gerichten oder die Filme von Leni Riefenstahl, aber alte Computergames - oder auch populäre Programme wie Windows 3.1 - wird man dort nicht finden, obwohl Millionen von Menschen sie benutzt oder mit ihnen gespielt haben. Die Hersteller dieser Software sind unterdessen so mit Geld verdienen beschäftigt, dass sie keine Zeit haben, sich um die langfristige Archivierung ihrer Produkte zu kümmern. Man mag glauben, dass zukünftige Generationen keinen Schaden nehmen, wenn sie nicht wissen, wie "Moorhuhnjagd" funktioniert hat. Doch gerade diese Art von Spielen hat für eine kurze Zeit für viele Menschen eine grö฿ere Bedeutung gehabt als etwa die aktuelle Tagespolitik, die in Zeitungen, Büchern und Archiven festgehalten und tradiert wird. Die Aufgabe, die Bedeutung solcher Massenphänomene einzuordnen, würde man doch lieber den Selektionsmechanismen der Geschichtsschreibung überlassen als der Willkür schlichter Achtlosigkeit.

/ Nixdorf-Museum /..

Rettung kommt, wenn überhaupt, nicht von öffentlichen Institutionen, sondern von den Freaks und Hackern, die im Internet die ideale Plattform für ihre gemeinsamen Obsessionen gefunden haben. Auf Websites wie 8bit-Museum oder 8bit-Nirvana finden sich virtuelle Sammlungen von historischen Homecomputern, die in puncto Vollständigkeit und Aufbereitung jedes Technikmuseum vor Neid erblassen lassen. Besonders populäre Computer wie die von Atari oder Apple haben Fansites inspiriert, die auch knallharte Verehrer zufriedenstellen sollten. Dabei gibt es durchaus Kurioses, zum Beispiel die Website zu einem Buch über die T-Shirts von Apple. Ja, richtig gelesen - die gesammelten T-Shirts, die es zu Apple-Computern gab (es sind mehr als 1000). Auch den Computern der untergegangenen DDR ist eine opulente Website gewidmet, die auf einer Magisterarbeit an der Berliner Humboldt-Universität basiert.

Nicht nur im Netz, sondern auch im physischen Raum haben Bastler und Computernerds ihre eigenen Computermuseen angelegt. In den Räumen der Universität Hildesheim existiert - von der Universität finanziell nicht unterstützt - das Computer Culture Museum, das eine beeindruckende Masse an Hardware aufgetürmt hat. Auch das Computer Cabinett Göttingen hat das, was andere als Elektroschrott betrachten, zu einer kleinen Kollektion zusammengestellt. Während diese Museen wohl eher als Privatsammlungen zu betrachten sind, kann das Berliner Computerspielemuseum tatsächlich besucht werden; alle der ausgestellten Rechner und Spielecomputer sind benutzbar. Unterstützt wird das Museum allerdings nicht vom Berliner Senat (der so einen der potenziell populärsten Ausstellungsorte der Stadt eine Hinterzimmerexistenz führen lässt), sondern vom gemeinnützigen Förderverein für Jugend- und Sozialarbeit.

Während diese Museen sich um den Erhalt der Hardware verdient machen und sie zum Teil auch am Laufen halten, ist die langfristige Hoffnung auf den Erhalt von Games und anderer Software wahrscheinlich eher Emulation: die originalgetreue Neuprogrammierung von alten Programmen für neue Computer. Besonders die Programmiersprache Java, die nicht nur auf Computern eines bestimmten Typs läuft, spielt dabei eine wichtige Rolle. In ihr hat der Programmierer Claus Giloi schon 1996 Simulationen der beiden ersten Programme für Personal Computer geschrieben: des Altair und des IMSAI. Beide Programme kursieren heute noch im Netz. Gerade für Spiele gibt es inzwischen eine unüberschaubare Menge von Websites, die - wie z.B. Emulationworld - Emulationen sammeln und vertreiben. Ein anderer Trend unter den Fans des so genannten "Retrocomputings" ist "Abandonware", die ebenfalls in Hülle und Fülle im Internet zu finden ist - etwa auf Sites wie "Abandongames" oder "Extreme Abandonware". Dabei handelt es sich um Computerspiele, die von ihren Herstellern nicht mehr verkauft werden (also eingestellt oder "verlassen" worden sind, was "abandon" auf Deutsch heisst), aber trotzdem noch auf handelsüblichen Computern laufen. Dazu gehören die vielen Spiele, die für das Betriebssystem DOS entwickelt worden sind, aber auch solche für Computer von Atari oder Amiga. Und die waren nach Ansicht vieler "Gamer" sowieso die besten.

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