Diese Mailboxen hielten sich, bis Eltern herausbekamen, was da vor sich ging und dem einen Riegel vorschoben, oder bis ihr Betreiber keine Lust mehr hatte oder anderen pubertären Regungen nachging, die ihn zu Hochglanzzeitschriften mit ausklappbaren Mittelseiten führten, dem nächsten Stadium seines Lebens.

Später am Abend rief ich bei Roger an, wollte wissen, ob er die Software schon ausprobiert hatte: Was war gut, was taugte nichts, was hatte die ganze Mühe nicht gelohnt? Roger könne nicht ans Telefon kommen, sagte sein Vater. Als ich Roger am Montag in der Schule traf, erzählte er mir, sein Vater habe ihm den Computer weggenommen. Er würde ihn vom Lernen für die Schule abhalten. Und ausserdem hatte sein Vater gesagt, ich dürfe Roger nie wieder besuchen. Was ich auch nicht tat.

Als ich da neben meiner Mom stand, war es ein seltsames Gefühl, nach so vielen Jahren an all das zu denken. Den Computer in meinen Händen zu halten. Er fühlte sich leicht an, war ein bisschen verspielt im Design - mit grossen Tasten für die Hände eines Kindes und farbigen Knöpfen. Digitaluhren und Pager haben inzwischen mehr Speicherplatz, mehr Bearbeitungskapazität als dieses Gerät. Und doch hatte ich Hunderte von Nächten damit verbracht, eine scheinbar unendlich weite Welt an Bits zu erforschen; ich hatte tausend Leben gelebt, war tausend Tode gestorben, war sowohl Gott wie auch Messdiener gewesen in einer nur mir gehörenden 2 D-Welt, einem 48K-Universum, das heute in Wegwerfartikeln für 39 Dollar existiert. Wie riesig war mir diese Welt vorgekommen! Billige und allgegenwärtige Geräte, in die man so leicht schlüpfen konnte; sie verführten uns - mich und viele meiner Freunde. Wir waren einfach eines Tages nicht mehr da, betraten eine Spielhalle und verschwanden, um Jahre später als Erwachsene wieder aufzutauchen.


Alles über Bennahum und über Extra Life


David S. Bennahum via Real Audio

Auszug aus: David S. Bennahum: Extra Life. Bekenntnisse eines Computerfreaks
(c) 1999 Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, Stuttgart

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