„Gengras erspart häufiges Rasenmähen“

- Über Sense und Non-Sense von Ordnungssystemen

von Dr. Christoph Kivelitz, Bochum (FRG)


Es war bloß die Idee, dass das Leben interessanter wäre, mehr ein Spiel, wenn man die Gesetze der Physik und Chemie ein wenig ausdehnen könnte. […] Letzten Endes müssen wir diese sogenannten Gesetze der Wissenschaft akzeptieren, weil es das Leben bequemer macht, aber das heißt überhaupt nichts, was ihre Gültigkeit betrifft. Vielleicht ist eben alles nur Täuschung. Wir mögen uns selber so gern, wir glauben, wir seien kleine Götter auf Erden – ich habe darüber meine Zweifel, das ist alles. Das Wort ‚Gesetz’ ist wider meine Prinzipien. Die Wissenschaft ist offensichtlich ein geschlossener Kreislauf, aber alle fünfzig Jahre oder so wird ein neues ‚Gesetz’ entdeckt, das alles verändert. Ich sah eben nicht ein, weshalb wir vor der Wissenschaft eine solche Ehrfurcht haben sollten, und deshalb musste ich eine andere Form der Pseudo-Erklärung liefern. Ich bin ein ‚Pseudo’ durch und durch, das ist mein Charakteristikum. Ich konnte die Ernsthaftigkeit des Lebens nie ausstehen, wenn aber der Ernst mit Humor getönt ist, ergibt das eine hübschere Färbung.
Marcel Duchamp

Klaus Fritze bewegt sich als Grenzgänger an den Schnittstellen von Kunst und Wissenschaft. Er greift Methoden und Instrumentarien der wissenschaftlichen Analyse auf, um jedoch den Kontext des Experiments radikal zu verschieben und perspektivisch von jeder funktionalen Festsetzung frei zu stellen. Seine Installationen ähneln einem wissenschaftlichen Versuchslabor. Reihen von Reagenz- und Einweckgläsern sind angefüllt mit unterschiedlichen Gegenständen und Fundstücken, zur Untersuchung isoliert und nach Ähnlichkeiten und Unterschieden systematisiert und kategorisiert. Dabei arbeitet er nicht nur in der Abgeschiedenheit des Ausstellungsraumes, sondern etwa auch in einem Gewächshaus, das in einer öffentlichen Grünanlage aufgestellt ist. Zur Ausstellung kommen nicht nur die Gerätschaften seiner Versuchsanordnungen, sondern davon ausgehend und hierdurch bedingt auch der gesamte Verlauf seiner Experimente. Fritze nutzt für diese Arbeitsweise selbst den Begriff der „Exposition“, um sich von der Eindimensionalität des Begriffs „Ausstellung“ abzuheben. Sich selbst sowie den Rahmen seiner künstlerischen Projekte begreift er als Gegenstand, eher noch als Anstoß einer öffentlichen Auseinandersetzung.
Neben der Skepsis gegenüber seinem Tätigkeitsfeld als forschungsorientierter Wissenschaftler wurde seine Entscheidung, den Rahmen wissenschaftlicher zugunsten künstlerischer Arbeit zu verschieben, dadurch befördert, sich als Biologe in ein künstlerisches Projekt mit interdisziplinärem Anspruch einzubringen. Aus dieser Erfahrung entwickelten sich Aktionen und Feldversuche, deren Her- und Ausgang für einen Biologen zwar vorhersehbar scheinen, die jedoch aus dem Blickwinkel des Künstlers durchaus unerwartete und überraschende Entwicklungen mit sich bringen können. Die Konfrontation des Publikums mit dieser Inszenierung und die hierdurch ausgelösten Konflikte sind Bestandteil des gesamten Projekts. Klaus Fritze nimmt zwar auf aktuelle Themenfelder – insbesondere aus dem Zusammenhang genetischer Experimente oder aus der Tagespolitik – auf, spitzt aber seine Experimenten zu absurden Szenarien zu, etwa bei einem Projekt in Mülheim, in dem das Reproduktionsverhalten von Butterblumen im Turmschatten zu untersuchen war.
Das Ordnen und Schaffen von Systemen, das Herausstellen von Bezügen und Ableiten von Gesetzmäßigkeiten, dies sind genuin wissenschaftliche Methoden. Indem Klaus Fritze biologisch wissenschaftliche Systematik mit künstlerischen Gestaltungsverfahren verknüpft, setzt er einen Verschiebungsprozess in Gang, dessen Zielsetzung und Ausrichtung sich im Vorfeld nicht klar umgrenzen und definieren lassen. Zum einen kann es darum gehen, neue Parameter für die Kunst, vermeintlich objektive Wertmaßstäbe festzusetzen, mit dem Leitbild eines Universalismus im Sinne des Humanismus. Eine weitere mögliche Perspektive wäre, durch Kontextverrückung den Objektivitätsanspruch der Wissenschaft auszuhebeln und der Behauptung unbedingter künstlerischer Individualität provokant gegenüber zu stellen. Aus dem offenen Versuchskontext des künstlerischen Labors können neue Erkenntnisimpulse auch für den festgelegten wissenschaftlichen Rahmen gefunden werden. Schließlich geht es auch um das Konzept, isolierte, der gesellschaftlichen Auseinandersetzung entzogene Projekte in die Öffentlichkeit zurück zu befördern, sie komprimiert darzustellen und damit eine Diskussion, eine kritische Reflexion anzuregen. Ohne sich hier eindeutig positionieren zu lassen, zielt Klaus Fritze als Künstler ganz entschieden darauf ab, ein Experiment durchzuführen, das vom Postulat auf ästhetische Innovation grundsätzlich abrückt, um im gesellschaftlichen Bereich Prozesse und Reaktionen auszulösen und Parteinahme einzufordern. Vom wissenschaftlichen Standpunkt ist es ein „Nonsens-Experiment“, das aber sehr viel unmittelbarer und direkter Interventionen, Opposition oder Unterstützung, eine primär emotionale Teilhabe von Seiten der Öffentlichkeit nach sich zieht.
Parallel zur Durchführung solcher Experimente im öffentlichen Raum legt Klaus Fritze in einer nahezu obsessiven Gründlichkeit ein Archiv an Zeitungsausschnitten an. Die Kriterien zur Auswahl der Artikel legt er dabei selbst fest. Es handelt sich nicht um bestimmte Inhalte, denen er nachforscht, sondern in einer geradezu absurd anmutenden Pedanterie untersucht er etwa die Spaltengröße bestimmter Meldungen und fotografischer Motive. Akribisch verfolgt er die irritierend sinnlose Fragestellung, welche Ereignisse und Personen jeweils in einem „Einspalter“ in die Öffentlichkeit gebracht werden. Des Weiteren werden die Ausschnitte nach wissenschaftlicher Methodologie in Gruppen kategorisiert und entsprechend benannt: „Händerinnen“ und „Händer“, „Linkshänder“ und „Beidhänder“. Hierbei versteht er sich durchaus wieder als Biologe, der gerne möglichst einfache, reduzierte Systeme schafft, um den Rahmen eines Experiments festzusetzen. Klaus Fritze bringt hier soziologische Analyse und gentechnische Experimente in eine kritische Wechselwirkung. Dementsprechend geht er in seiner Zeitungsrecherche von „Einspaltern“ als einem möglichst einfachen System aus, um hiervon ausgehend komplexe Medien wie Tageszeitungen zu untersuchen, erneut zu kategorisieren und dann zu archivieren. In einem weiteren Schritt werden schließlich auch diese Archive als „Expositionsmaßnahmen“, in ausladenden Rauminstallationen präsentiert. Die Schnipselstreifen und Zeitungsausschnittsammlungen erscheinen als „organized poetry“, in der die experimental festgelegten Ordnungskategorien in räumliche Strukturen übersetzt werden. Der Künstler gliedert und verknüpft Fund- und Sammelstücke und spielt dabei mit der feinen Grenze zwischen Ordnung und Chaos: Ich entschied mich dazu, eine Arbeitsituation herzustellen, besorgte einen Arbeitstisch und einen Stuhl, stellte beides in den Raum und begann vom Tisch ausgehend in alle Richtungen des Raums Fäden zu spinnen, sie zu verbinden, es entstand ein Netz. Auf dem Tisch standen Dosen, Kästen voller Zeitungsausschnitte, alte, neue, sortierte, zufällig zusammengekommene. Das Material auf dem Tisch versuchte ich im Rahmen meiner Kräfte zu ordnen und zu sortieren, dabei halfen mir die Bindfäden, Büroklammern, Haarnadeln und eine Leimmischung. Das Netz erweiterte sich, um weiteren Papercuttings Platz zur Exposition zu geben. Im Netz gab es sortierte Cluster von Einspalter-Kopfsammlungen, fast alles Männerköpfe, bärtige, linksblickende, offenmundige Frontalblicker mit Brille etc.
Bei der Gestaltung dieses den Raum überwuchernden Flechtwerks folgte der Künstler intuitiv der Vorstellung eines Genommodells, in dem die genetischen Informationen linear an langen Lebensfäden angeordnet sind. Ein wissenschaftlicher Modus zur Darstellung von Genen und ihrer Entfaltungs- und Wirkungsweisen wird im Rahmen einer künstlerischen Installation versuchsweise mit gesellschaftlichen Strukturen verknüpft. Dabei geht es nicht allein um das fadenförmige Ordnungsmuster, sondern insbesondere auch um das Nebeneinander sogenannter ‚Sense-Bereiche’, von ‚Exxons’, aus denen sich Codierungen oder Bauanleitungen für Eiweißmoleküle ablesen lassen, und ‚nicht codierender DNA-Bereiche’, die in früheren wissenschaftlichen Darstellungen als ‚non-sense DNA’ bezeichnet wurden. Neuere Hypothesen gehen jedoch davon aus, dass diesen Bereichen regulative und strukturbildende Eigenschaften zukommen. In einer analogen Verschränkung basieren die Installationen und Montagen von Klaus Fritze auf der Verschränkung ‚codierender Exxons’ mit nicht codierten, eher regulativ bestimmten Einheiten. In dieser strukturbildenden Wechselwirkung sind die gestalterischen Prozesse und inhaltlichen Dimensionen seiner künstlerischen Projekte begründet.
Eine Gewächshausinstallation im Düsseldorfer Hofgarten führt die beiden zunächst parallel und getrennt verfolgten Projektserien Klaus Fritzes zusammen. „Klone“ seiner Zeitungssammlungen stehen neben zahlreichen Pflanzungen, deren Wachstumsprozesse mit unterschiedlichen Methoden gelenkt und gesteuert werden. In gewisser Weise handelt es sich um ein in der Öffentlichkeit durchgeführtes Volkshochschulseminar mit dem provokanten Titel: Gengras erspart häufiges Rasenmähen, um dem Experiment hierüber eine populistische Dimension zu geben. Obgleich dem Publikum die letztlich nicht nachzuprüfende Suggestion vermittelt wurde, dass Experimente mit genetisch manipuliertem Gras durchgeführt wurden, kam es niemals zu öffentlichen Störungen der Aktion. Gerade durch den offensiv zur Schau gestellten Umgang mit dem ethisch kontrovers verhandelten Thema der Gentechnik, durch die Aufforderung zu Teilhabe, Diskussion und Auseinandersetzung konnte dem allgemein verbreiteten Misstrauen, der Ablehnung und Aggression gegenüber diesem Forschungszweig entgegnet werden.
Seinem eigenen Grenzgängertum entsprechend bringt Klaus Fritze in seinen Projekten die unterschiedlichsten Partner zusammen: von der Stadtverwaltung über das Fraunhofer Institut bis hin zu Bürgerinitiativen, Vereinen und anderen Institutionen. In einem solchen Kooperationsprojekt hat er seinen eigenen Arbeitsplatz als Wissenschaftler 1:1 in einem Modell präsentiert. Algorithmen und Materialität des genetischen Codes als einer gemeinsamen Sprache des Lebens werden anhand diverser Exponate und Artefakte in intermedialer Form präsentiert. Eine Sicherheitsschleuse vermittelte den Zugang, um damit auch die Hermetik dieses Forschungsbereiches in der sozialen Realität zu veranschaulichen. Projektionen zeigten in fokussierter Form typische Arbeitsprozesse aus dem Berufsalltag des Genforschers. Damit vermittelte Klaus Fritze einen Eindruck vom sozialen und wissenschaftlichen Arbeitsalltag in einem Sicherheitslaboratorium, in dem mit genverändertem Material gearbeitet wird. Durch den Transfer der normalerweise im Verborgenen stattfindenden Versuche in die Öffentlichkeit ergeben sich Diskussionen über soziale, technologische, ethische und ökologische Implikationen der Gentechnologie. Die Isolation des für die Forschung geschaffenen Schutzraumes, die Abschirmung gegen die gesellschaftliche Realität wird explizit durchbrochen.
Klaus Fritze setzt einen interdisziplinären Diskurs zwischen unterschiedlichen kulturellen, sozialen und wissenschaftlichen Bereichen in Gang, ohne Aus- und Fortgang absehen zu können. Die Absicht des Künstlers ist es, seine eigenen Sammlungen und Untersuchungen, Genen vergleichbar, in den Kultur- und Lebensraum hinein zu replizieren, um dort ihre Wirksamkeit, ungeahnte Prozesse und Entwicklungen zu entfalten.
Die „Expositionsmaßnahmen“ folgen in ihrer Anordnung bestimmten Kriterien, nehmen etwa Gestaltungsmuster der Stillleben-Tradition auf, um jedoch andererseits auch die Wirkung eines chaotischen Sammelsuriums aufkommen zu lassen. Wie eine Bildkomposition sind die Akkumulationen von Dingen und Schnipseln farblich-strukturell geordnet. Wie in einer Kunst- und Wunderkammer werden mögliche Verknüpfungen zwischen den einzelnen Dingen, zwischen Kuriosem und Preziösem als möglich angezeigt. In skulpturalen Arrangements werden einzelne Gegenstände auch in landschaftlich anmutende Szenerien eingefügt. Durch Faltungen werden aus Zeitungsseiten stereometrische Körper gebaut, um über symbolische Bezüge wiederum weiterführende Assoziationen im Hinblick auf unterschiedliche soziale Realitäten auszulösen. In kleinen Objektvitrinen werden Zeitungsausschnitte – bestimmte begriffliche Paarungen zugrunde legend – so arrangiert, dass sie sich als visuelle Poesie erfahren und dynamisch dekodieren lassen. So verstärkt Klaus Fritze die Ambivalenzen zwischen Kunstraum, Labor und Bildkomposition.
Klaus Fritze verwandelt seinen eigenen Arbeitsplatz zum Gegenstand der „Exposition“. Semi-performative Auftritte des Künstlers vor Publikum vermitteln dem Gewächshaus als Aktionsort den Charakter eines sozialen Begegnungsraums. Entscheidend für die Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit ist die Irritation darüber, in welchem Rahmen diese Versuchsanordnungen zu betrachten und zu bewerten sind. Einen Anknüpfungspunkt für die Rezeption bietet die Bezugnahme auf gentechnische Experimente. Dabei ist es kaum relevant, ob diese bloß zum Schein nachgestellt oder realiter durchgeführt werden. Es geht primär um den Prozess des öffentlich Zur-Schau-Stellens von Feldversuchen, die üblicherweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf abgezirkeltem Gelände durchgespielt werden. Klaus Fritze unterzieht sich dem Rollentausch vom Wissenschaftler zum Künstler, um sich damit vom rigiden Verhaltens- und Wertekodex, der zunehmenden Fokussierung und funktionalen Ausrichtung, die ersterem auferlegt sind, freizusetzen. Die öffentliche Haltung zu den Naturwissenschaften ist ja als durchaus ambivalent zu betrachten. Zum Einen wird insbesondere der Gen- und Medizintechnik eine Pionierrolle zugewiesen. In Bezug auf Krankheiten und menschliche bzw. natürliche Defizite wird ihr ein Erlösungspotential zugedacht. Missbildungen und Ernähungsprobleme der Weltbevölkerung sollen in einer Heilsperspektive mit deren Hilfe überwunden werden. Zudem sieht man in Gentechnik und Medizin eine übermächtige Jobmaschine, mit der auch das Problem der Massenarbeitslosigkeit in Zeiten strukturellen Wandels zu beheben sei. Andererseits verbinden sich mit diesen Forschungszweigen vielfältige ethische und ökologische Bedenken, die irrationale Ängste auslösen. Mit Misstrauen werden die Prozesse der Nutzbarmachung von Forschungsergebnissen in der Lebensmittelindustrie und Landwirtschaft beäugt, z.T. mit der Konsequenz heftigster Polemik und öffentlich demonstrierter Opposition.
Im Hinblick auf diese messianische Rolle gibt es durchaus Überschneidungen beim Wissenschaftler und Künstler. Gerade die westliche Moderne hat den Künstler dem christlichen Bild des Märtyrers und Missionars anverwandelt. Joseph Beuys hat diesen Erlösungsauftrag in besonderem Maße verkörpert. Klaus Fritze unternimmt nun den Versuch, diese beiden Rollenbilder in sich selbst zu vereinen, um damit eine doppelte Verfremdung zu bewerkstelligen. So wird die wissenschaftliche Versuchsanordnung durch Materialien und Fundstücke, die anderen Kontexten entnommen sind, aufgebrochen und in ihrem objektiven Anspruch in Frage gestellt. Zeitungsschnipsel und „Tütenfelder“ mit Fotografien in licht- und luftdurchlässigen Pergamenttüten sprengen den Rahmen des gentechnischen Experiments. Nicht Samen und Pflanzen werden hier als Gegenstand des Versuchs ausgestellt, sondern Relikte einer gesellschaftspolitischen Analyse, die mit mikrobiologischen Prozessen höchstens noch indirekt und auf einer Metaebene verbunden sind. Dazu kommt das Bestreben des Künstlers und Wissenschaftlers Klaus Fritze, den Versuchsraum nicht allein funktional nachzubauen und abzubilden, sondern hierbei auch Kompositionsmuster zu nutzen, die ästhetisch anmuten und eine entsprechende sinnbildliche Ausdeutung, so etwa in Bezugnahme auf die abendländische Stilllebentradition, befördern. Wie in der Wunderkammer der Renaissance verschränken sich symbolische, ästhetische und analytisch investigative Komponenten in der Ausrichtung seiner „Expositionsmaßnahmen“.
Allerdings wird auch das Klischee des Künstlers einer Verfremdung unterzogen. So finden zahlreiche seiner Projekte vollständig außerhalb des institutionellen Rahmens des Kunstbetriebs statt. Im Brückenschlag von Kunst und Wissenschaft erfolgt die Stoßrichtung in diesem Fall also ungewöhnlicherweise von Seiten der Wissenschaft in Richtung der Kunst, etwa gegenläufig zu Mark Dion, der in der Verkleidung des Naturforschers bzw. Ethnologen scheinbar naturwissenschaftliche Methoden imitiert, um sie jedoch kurz vor Vollendung des Projekts wieder abzustoßen und ihnen damit ihren eigentlichen Sinn zu nehmen. Die Arbeitsweise von Klaus Fritze ist demgegenüber im Begriff einer solchen Appropriation schwerlich fassbar. Der Künstler belässt den Rezipienten im Unklaren darüber, welches seiner jeweiligen Rollenbilder als Verkleidung oder Verstellung bzw. als seine „eigentliche“ Identität zu bewerten ist. Gerade das ständige Verunklären und Verrücken von Bild und Rahmen verlangt dem Betrachter permanente Positionswechsel ab. Der Rezipient sieht sich veranlasst, seine Wahrnehmungen kontinuierlich neu zu systematisieren, zu ordnen und zu kategorisieren. Klaus Fritze gestaltet ein dynamisches, mehrdimensionales und nach allen Seiten hin offenes Koordinatensystem, in dem bestehende Ordnungsmuster ständig neu zu generieren und zu überprüfen sind.

Dr. Christoph Kivelitz

Juli 2009

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Laboratorium/Wintergarten (Richter&Fritze)

Sound-Exposure: Experimental Setup for in vitro plants (Kubli&Fritze)

Vita 2008 (Schenk&Fritze)