-
handschriftliche Texte -
|
||
-
Bild als Info -
|
||
Getrieben von der Vorstellung, die wahre Natur aller Phänomene und Dinge erfassbar zu machen, entwickelt der Mensch immer mehr Methoden, alles sichtbar machen zu müssen. Von der Daguerreotypie (das erste brauchbare fotografische Verfahren) bis hin zur Computersimulation, wird bis heute versucht, die Möglichkeit der Abbildung und Veranschaulichung nutzbar zu machen - als Instrument der Forschung und als ein Medium um Wissenschaft anschaulich zu vermitteln. Zunächst wurde das Objektiv (das Auge der Kamera) zur wahren Retina des Gelehrten und zum getreuen Archivar der Wissenschaft. Nicht nur Erkenntnisdrang war und ist der Motivator, vielmehr geht es auch heute noch darum, die Schaulust des Menschen zu befriedigen. Im 19. Jahrhundert wuchs das Bedürfnis, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Der Brite Eadweard Muybridge z.B. gelang es durch photographische Reihenaufnahmen erstmals den Galopp eines Pferdes in allen Details, was für das menschliche Auge zu flüchtig ist, aufzuzeigen. 1896 dringt Conrad Röntgen mit von ihm entdeckten Strahlen durch Materie und enthüllt damit das Innere des lebendigen menschlichen Körpers. ( Noch heute ist die Röntgenuntersuchung das weltweit am häufigsten angewendete Bild-Diagnoseverfahren.) Eine Weiterentwicklung neben der Elektronenmikroskop-Technik stellt das Ultraschallaufnahmeverfahren dar. Schreiben mit Schall ist genauso ein bildgebendes Verfahren, wie das klassische Lichtbild oder das zeichnen. Tomographien gehören zu den High-Tech-Varianten der Bilderzeugung, die aus Daten 3D-Abbildungen generieren. All diese bildgestützten Erkundungen des Menschen haben eine Erkenntnisflut über Prozesse des Lebens geliefert: -- Satelitenbilder helfen Wissenschaftlern, das globale Bewegungssystem von den Wolken und dem Wind zu verstehen. -- Microaufnahmen oder Querschnitte durch Gesteine offenbaren eine universale Gesetzmässigkeit: Die Selbstorganisation mineralischer Komponenten. Elektromagnetische Felder der Erde ordnen die Mineralien immer in ähnlicher weise zu Mustern und Formen. -- Ultra kurze Lichtimpulse sind die Träger heutiger Informationen: Telefongespräche, Fernsehbilder oder digitale Daten überwinden mit dieser Technik interkontinentale Entfernungen. Dies sichtbar gemacht hilft dem Betrachter die High-Tech-Welt besser zu verstehen. -- Durch Computersimulationen können Entwicklungen prognostiziert werden: z.B. Wettervorhersagen oder virtuelle Flugsimulationen veranschaulichen, was nicht als direktes Abbild in der Natur existiert. Würde es solch Visualisierungen nicht geben, würde vermutlich die Wissenschaft in einer abstrakten Datenflut untergehen. Optische Hilfen ermöglichen es den Wissenschaftlern genauso wie den Laien, sich durch die gewaltigen Informationsmassen zu navigieren und sich komplizierte Prozesse und Modelle vor Augen zu führen. Der Betrachter wird sozusagen zum indirekten Augenzeugen der Wissenschaft gemacht. Wird eine verständliche Symbolik für das Darzustellende gefunden, wird offenbar, was sich sonst nicht abbilden liesse: die Bedeutung hinter den Bildern, der Symbole und der Grafik. Gibt der Kontext nicht genügend Anhalt und lässt nur eigene Interpretation zu, erschliesst sich wohlmöglich das Dargestellte nicht. Ein Zellklumpen zum Beispiel lässt erst im Auge des Betrachters "den Anfang des Lebens" erkennen, wenn er den Zellklumpen als solchen erkennt oder richtig interpretiert. Wenn folglich Bilder Vorstellungen in unseren Köpfen auslösen, können sie demnach unsere Sicht auf vieles verändern und erweitern? Und sind Worte nicht mehr ausreichend, um kurz und knapp Inhalte verständlich zu vermitteln? |
||
-
Wirkung der Bilder? -
|
||
|
||
-
Forderung nach einem weltweitem Bildgedächnis? -
|
||
Nun
wenn ein Diskurs über Bilder geführt werden soll, muss die Sprache
instrumentalisiert werden, zum Erkennen des Wortes bzw. Satzes als
typografisches Bild. Schreibt man mit Hilfe eines Computers, begiebt man
sich schon in die diffuse Text+Bild-Welt: das
Interface wird bestimmt von Icons. Der Nutzen von solchen Icons liegt nicht
nur darin, Platz auf dem Bildschirm zu sparen - vielmehr stellen die Wortbilder
das CI eines Programmes und dessen Philosophie dar. In der Informationsgesellschaft bedient man sich anstelle von textbasierten Kommunikationsformen und -mitteln, der Visualistik oder besser gesagt visueller Abbilder. Dies klingt einleuchtend - allerdings lässt es bei längerem Überlegen auch Zweifel aufkommen. Gregory Bateson definierte Information eher simpel, wonach Information ein Unterschied ist, der einen Unterschied macht. Demnach sind Bilder, die nicht über einen eigenen und zusätzlichen Informationsgehalt verfügen, schlicht eine Verdopplung des Textes. [Baterson, Gregory: Form, Substanz und Differenz In: ders.: Ökologie des Geistes. Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven. Frankfurt: Suhrkamp. 1988 S.582] Lesen ist Sehen, und jeder Text auch ein Bild oder eine Sequenz von Bildern. [ Sachsse, Rolf: formdiskurs 7 II/1999 ] "Der Nutzen im Sehen vor dem Lesen liegt auf der Hand: Ersteres ist synchron und geht wesentlich schneller. Im Erkennen beim Sehen liegt der Abgleich formaler Elemente vor der Synthese zu neuen Formen, zeitlich wie räumlich. Die Parallelisierung einfacher Augenreize zum Wohlgefühl des Wiedererkennens ist schon bei Katzen nachweisbar; erst die Synthese diverser und diskreter Elemente ermöglicht kulturelle Leistungen wie eben das Lesen." [ Sachsse, Rolf: formdiskurs 7 II/1999 ] [ vergl. Pinker, Steven: Wie das Denken im Kopf entsteht, München 1998 ] Ansätze für ein weltweites Bildgedächnis: - Geonen (Superzeichen) von Irv Biederman: möglichst alle Gegenstände unserer Dingwelt auf eine Kombination von 3 max. 4 geometrischen grundformen zu reduzieren. Allerdings ist die Gestaltqualität reduzierter als bei Comics. - Wilhelm Ostwald "Ordnungssysteme für alle Gegenstände des Lebens und Denkens" 1910 -> vernetztes Denken ohne jede Hirarchie Weltformate: Welthilfssprache, Weltmünze, Weltbibliothek. sein Motto 1912: "Das Gehirn der Welt" (wird heute noch und gerade für das www als Methapher verwendet) [in telepolis http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/2481/1.html ] "Wissensmanagement " wird zur wirtschaftlich bedeutsamen Grösse [ vgl.: "Der Wissensnavigator" Schmidt, Artur P. Stuttgart 1998 http://wissensnavigator (rein textbasierte Wissenssammlung)] - Computervisualistik Mensch nicht mehr nötig - Computervisualistik visualisiert für den Menschen z.B. medizinische Diagnostik Anatomical illustration showing the veins, from a medical miscellany: England, late 13th century (MS. Ashmole, 399, fol. 18r) http://rsl.ox.ac.uk/imacat/13.jpg (eingens fenster) |
||
-
links
|
||
links [Bild-Archive]:
|
||
email
to
[simonex@khm.de]
|